Schlagwort: Kirche

  • Einladen statt diskutieren

    Was halten wir davon, Außenstehende zum Mitfeiern in die Messe einzuladen statt mit ihnen über Kirche zu diskutieren?

    Menschen haben die Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit, Orientierung und Angenommensein in Gemeinschaft. Genau das erleben Menschen zum Beispiel in der 12:00 Uhr Messe im Stephansdom jeden Tag. Ich habe schon viel Bekannte und Freunde dazu eingeladen. Einige kommen seither immer wieder und mit Freude. Andere sagen, das sei ihnen zu feierlich. (Und manche sehe ich dann irgendwann im stillen Gebet vor der Dienstboten Muttergottes sitzen oder eine Kerze vor dem Maria Pócs Altar anzünden). Und wieder andere sagen mir: Danke! Das war schön aber ich gehe doch lieber am Sonntag wandern. Alles fein. Gott ist dort, wo Menschen Liebe spüren.

    Über Formvorschriften, Zölibat, Liturgie, Statistik und ähnliche „Elfenbein-Themen“ können wir dann unter „Allfälliges“ reden, wenn uns nach vielen Gesprächen mit bisher fernstehenden Menschen noch Zeit dazu bleibt.

    Ist Österreich noch ein katholisches Land?

    Ist Österreich noch ein katholisches Land?

    Katholisches Österreich, das war einmal? Die soeben veröffentlichten Zahlen zeigen: Zum ersten Mal ist der Anteil der Katholiken in Österreich unter 50 Prozent gerutscht. Wen kümmert das?

    Mich als kleinen Lektor im Stephansdom kümmert das. Sehr sogar. Und deshalb habe ich zu diesem Artikel einen Kommentar geschrieben, der von der Online Reaktion auch hervorgehoben wurde. Artikel und Kommentar sind mit einem Geschenk-Link verknüpft.

  • DRAUSSEN ODER DRINNEN?

    Gottes Barmherzigkeit ist größer als unser Versagen.

    Im dritten Jahrhundert stand die junge Kirche vor einer schmerzhaften Frage:
    Soll man Christen, die in Zeiten der Verfolgung aus Angst ihren Glauben verleugnet hatten, wieder aufnehmen?

    Papst Kornelius (200 – 253) sagte Ja.

    Er vertraute auf Gottes unendliche Gnade und setzte sich dafür ein, dass gefallene Brüder und Schwestern nach Reue und Buße wieder Teil der Gemeinschaft werden durften. Sein Gegenspieler Novatian meinte Nein – er wollte eine Kirche der Starken und Reinen. Doch Kornelius setzte sich durch. Zusammen mit dem Bischof Cyprian von Karthago (200 – 258) verteidigte er die Haltung: Die Kirche ist kein exklusiver Club der Perfekten, sondern eine Heimat auch für die Gebrochenen.

    Und heute?

    Die Antwort der Kirche ist dieselbe geblieben. Wer gesündigt hat, darf heimkehren. Der Weg zurück führt über Reue, über das ehrliche Eingeständnis der eigenen Schuld – und über das Sakrament der Versöhnung. In jedem Beichtstuhl liegt dieselbe Verheißung wie damals:
    Gottes Barmherzigkeit ist größer als unser Versagen.

    Papst Franziskus sagte dazu: „Die Kirche ist kein Museum für Heilige, sondern ein Feldlazarett für Verwundete.“

    Ein Gedanke zum Mitnehmen

    Manchmal fühlen wir uns, als hätten wir Gott enttäuscht oder uns selbst verloren. Dann hilft es, an Kornelius zu denken: Es gibt keinen Weg, der uns endgültig von Gott trennt. Wer umkehrt, darf sicher sein, dass die Tür offensteht.

    So bleibt die Kirche, trotz aller Schwächen ihrer Glieder, ein Haus der Barmherzigkeit. Und wir dürfen darin wohnen – nicht weil wir vollkommen wären, sondern weil wir geliebt sind.

    „Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.“
    (Lukas 15,6–7)


    Yuliya Preyer mit einem Lamm in Betlehem, 3. März 2020


    Heiliger Kornelius und heiliger Cyprian – 16. September

  • Herausgerufene

    Wer ist herausgerufen? – Wohin?

    Das Wort ekklesia ((griech. ἐκκλησία; lat. ecclesia) bedeutet „die Herausgerufenen“. Damit ist gemeint: Gott ruft Menschen aus etwas heraus – und zugleich in etwas Neues hinein.

    • Aus der Finsternis – hin zum Licht Gottes (vgl. 1 Petr 2,9).
    • Aus der Vereinzelung – hin zur Gemeinschaft. Kirche ist nie nur „ich und Gott“, sondern immer auch „wir miteinander“.
    • Aus der Vergänglichkeit – hin zur Vollendung. Gott ruft nicht nur die Lebenden, sondern auch die Verstorbenen und die Kommenden in seine Liebe.

    So ist Kirche ein einziger großer Strom von Menschen, die in Liebe herausgerufen und in Christus miteinander verbunden sind.


    Raffaels „Disputà del Sacramento“

    Raffaels Fresko Disputà del Sacramento (1509–1510, Vatikanische Museen) gilt als eine der eindrucksvollsten bildlichen Darstellungen des Kirchenverständnisses. Der Titel ist irreführend – es geht nicht um Streit, sondern um die Darstellung der einen, in Christus geeinten Kirche.

    Raffael Sanzio da UrbinoDisputà del Sacramento, Fresko, 1509–1510, Vatikanische Museen.

    Der obere Teil – die himmlische Kirche

    Im Zentrum thront die Dreifaltigkeit.

    • Gott Vater im Scheitel des Bildbogens, als würdevoller alter Mann mit langem Bart.
    • Christus, sein Sohn, als Richter und Erlöser, mit den Wundmalen und einem aufgeschlagenen Evangelienbuch zu seinen Füßen.
    • Der Heilige Geist in Gestalt einer Taube, die Christus und den Vater verbindet.

    Um dieses Zentrum gruppieren sich Maria, Johannes der Täufer, Apostel, Propheten und Heilige. Sie repräsentieren die vollendete Kirche, die schon jetzt in der Schau Gottes lebt.

    Der untere Teil – die irdische Kirche

    Auf Erden versammelt sich eine Schar von Kirchenvätern, Theologen und Gläubigen. Sie stehen um einen Altar, auf dem eine Monstranz mit der konsekrierten Hostie steht.

    • Links sind unter anderem die Kirchenväter Hieronymus und Gregor der Große zu erkennen.
    • Rechts zeigen sich Gestalten wie Augustinus und Ambrosius.
    • Hinter ihnen sind spätere Theologen und Vertreter der Kirche dargestellt, die den Glauben im Lauf der Jahrhunderte ausgelegt haben.

    Die Szene macht sichtbar: Die irdische Kirche lebt aus dem Sakrament der Eucharistie, in dem Christus selbst gegenwärtig ist. Durch dieses Sakrament ist sie untrennbar mit der himmlischen Kirche verbunden.

    Die Einheit von Himmel und Erde

    Raffael spannt so einen großen Bogen: Himmel und Erde sind nicht getrennt, sondern gehören zusammen. Die himmlische Gemeinschaft der Vollendeten und die pilgernde Kirche auf Erden bilden zusammen die eine ekklesia – die in Liebe Herausgerufenen.


    Herausgerufene – wir alle?

    Kirche – das sind nicht nur Institutionen, Gebäude oder Traditionen. Kirche – das sind alle Menschen, die auf die Liebe Gottes vertrauen und darum das Unrecht verabscheuen.


    ekklesía (griech. ἐκκλησία; lat. ecclesia)

    • Grundbedeutung: „Herausgerufene“, „Versammlung“, „Gemeinde“.
    • Wortstamm: von griech. ek-kalein = herausrufen, zusammenrufen.
    • Antike Verwendung: Volksversammlung in den griechischen Stadtstaaten.
    • Neutestamentlich: Bezeichnung für die Gemeinschaft der an Christus Glaubenden; Kirche.
    • Theologisch: ekklesía meint die von Gott in Christus berufene Gemeinschaft – die pilgernde Kirche auf Erden, die vollendete im Himmel und die in Hoffnung noch kommenden.

    Quellen

    • Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 946–962 (Communio sanctorum).
    • Raffael Sanzio da UrbinoDisputà del Sacramento, Fresko, 1509–1510, Vatikanische Museen.
    • Johannes Bernhard Uphus, Beitrag in Magnificat – Das Stundenbuch, Ausgabe 09/2025.
    • Heinz Detlef Stäps, Beitrag in Magnificat – Das Stundenbuch, Ausgabe 09/2025. Als Originaltext (s.u.) übernommen mit freundlicher Zustimmung des von mir sehr geschätzten Autors.

    Die himmlische und die irdische Kirche

    Originaltext von Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps

    Der Titel unseres Umschlagbildes ist irreführend: „Disputà del Sacramento“ (Streitgespräch um das Sakrament). Auch wenn viele der Dargestellten wild gestikulieren und sich einander zum Teil mit heftigen Bewegungen zuwenden, geht es hier nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung. Die Bewegungen sind als Stilmittel Raffaels zu werten, der auf diese Weise seiner Darstellung so vieler Personen Dynamik und innere Spannung verleiht.
    Um das Bild zu verstehen, muss man es von oben nach unten lesen.

    Das Zentrum: die Dreifaltigkeit

    In einen gewaltigen gemalten Bogen, der sich in die Architektur des Raumes einfügt, ist das Fresko hineinkomponiert. Direkt unter dem Scheitelpunkt des Bogens ist als oberste Person auf der Mittelachse Gott-Vater zu sehen. Es ist ein alter Mann mit langem, weißem Bart. Eine blaue, runde Sphaera in der Hand, einen quadratischen, goldenen Heiligenschein auf dem Haupt, segnet er die Betrachter. Die Himmelskugel und das Viereck (vier Himmelsrichtungen) stehen für Himmel und Erde als allumfassendes Herrschaftsgebiet Gottes.

    Im ersten Jahrtausend wurde Gott-Vater nicht dargestellt. Oft wurde er mit der Gestalt Christi verbunden, denn diesen konnte man als einen Menschen darstellen. Ab dem 12. Jahrhundert beginnt die christliche Kunst, beide klar voneinander zu trennen, und findet für Gott-Vater diese Darstellungsweise, wobei man sich auf Dan 7, 9 bezogen haben mag: „… da wurden Throne aufgestellt und ein Hochbetagter nahm Platz. Sein Gewand war weiß wie Schnee, sein Haar wie reine Wolle.“

    Zur selben Zeit, als Raffael in den Stanzen des Vatikan an seinem Freskenzyklus malte, lag Michelangelo nebenan auf seinem Gerüst unter der Decke der Sixtinischen Kapelle und malte seinen Schöpfungszyklus. Auch hier ist Gott-Vater als alter Mann mit langem, weißem Bart zu sehen, wenn auch tänzerisch bewegt. Besonders die Darstellung auf der berühmten Erschaffung des Adam hat dieses Gottesbild tief in das kollektive Gedächtnis der Christenheit gebrannt.

    Wir mögen dies heute kritisieren: Gott ist weder Mann noch Frau, weder alt noch jung, er steht über diesen Kategorien des Menschseins. Wir denken heute eher an das biblische Gebot, dass wir uns kein Bild machen sollen (vgl. Dtn 5, 8; die neue Einheitsübersetzung macht deutlich, dass es hier um Kultbilder geht, um die Anbetung des Materiellen).

    Christus als Apoll

    Wiederum in der Mittelachse, vor einem gewaltigen goldenen Strahlenrad, dessen blauer Rand mit Engelsköpfen besetzt ist, sitzt Christus auf einer Wolkenbank mit einem weißen Gewand, das nur den Unterkörper und den linken Oberarm bedeckt. Der Rest bleibt nackt. Theologisch ging es darum, die Wundmale des Gekreuzigten darzustellen; deshalb wendet Christus seine Handflächen dem Betrachter zu, und auch die Seitenwunde ist gut zu erkennen. Der in der Sphäre Gottes thronende Christus ist derselbe, der auf Golgota am Kreuz hingerichtet wurde. Künstlerisch ging es darum, an die Antike anzuknüpfen und den Erlöser mit der Lichtgestalt des Apoll zu verbinden. Kurz zuvor war in Rom die Statue des Apoll von Belvedere ausgegraben worden und erregte viel Aufsehen, gerade unter den in Rom tätigen Künstlern. Bei Raffael gehen die heroische Nacktheit und die apollinische Schönheit eine Verbindung ein, um Christus als den Lichtbringer der Welt, als Sonne der Gerechtigkeit zu zeigen. Diese Lichtfülle setzt sogar Gott-Vater darüber ins Dunkel.
    Neben ihm sind Maria, die Mutter Jesu, und Johannes der Täufer zu sehen, die traditionelle Gruppe der Deesis, die den Weltenrichter für die Menschheit bitten. Maria scheint auf dem gesamten Fresko die einzige Frau zu sein!
    Viel kleiner darunter, ebenfalls in der Mittelachse, aber wiederum von einem Strahlenkranz hinterlegt, schwebt die Taube als Symbol des Heiligen Geistes und bildet die geometrische Mitte des gesamten Freskos.
    Auf der Höhe der Geisttaube ist ein Wolkenband zu sehen, das die gesamte Bildbreite durchzieht und nach hinten einen Halbkreis zieht. Auf diese Weise täuscht es eine apsidiale Wölbung vor, der Bildgrund ist aber ganz flach. Das Wolkenband dient als Sitzbank für Heilige und Gestalten aus dem Alten Testament, die sozusagen den himmlischen Teil der Kirche bilden, die Menschen, die nach einem beispielhaften Erdenleben bei Gott weilen. Dieses Wolkenband ist die Trennungslinie zwischen Himmel und Erde. Wenn man genau hinschaut, wird es von Engeln in Grisailletechnik gebildet, wie überall in der himmlischen Sphäre Engel zu finden sind. Sie sind die Bewohner des Himmels, der Hofstaat Gottes.

    Die irdische Kirche

    Die Männer unterhalb des Wolkensaums als Vertreter der irdischen Kirche (Päpste, Bischöfe, Ordensleute, Theologen) könnten einzeln benannt und sogar teilweise als Portraits von Zeitgenossen Raffaels gezeigt werden, doch dazu ist hier leider nicht der Platz. Sie diskutieren nicht, sondern sie weisen einander auf das Wunder hin, das wiederum in der Mittelachse auf einem Altar zu sehen ist: Eine Monstranz birgt die Hostie, die eucharistische Gestalt des Herrn. Auf diese Weise ist alles, was im oberen Teil als nicht sichtbar gezeigt wird, in unserer irdischen Realität erahnbar. Da dies nicht einfach so auf der Hand liegt, sondern ein Mysterium, ein Geheimnis bleibt, hat Raffael zur Verdeutlichung einen unentwirrbaren Knoten auf das Antependium vor dem Altar gemalt.
    Denn auch in der Kirche gibt es Zweifel, Unvollkommenheiten, Irrwege und Schuld. Links ist deshalb eine Gruppe von Theologen zu sehen, die in das Studium eines Buches vertieft ist und von einem jungen Mann eingeladen wird, sich lieber der lebendigen Wirklichkeit Christi auf dem Altar zuzuwenden. Eine erstaunlich kritische Formulierung gerade in der Bibliothek des Papstes! Hinter dieser Gruppe ist auf einem kleinen Hügel der Bau einer Kirche zu sehen. Dies weist zum einen wahrscheinlich auf den Bau von Neu-St. Peter in Rom hin, zum anderen aber auf die mystische Kirche, die immer im Bau ist, niemals fertig sein kann, weil sie von Menschen gebaut wird und nur Gott ihr die Vollendung schenken kann.

    Heinz Detlef Stäps

  • Petrus und der Papst

    Du darfst nie über den Glauben anderer urteilen! Bist du gläubig, so danke Gott dafür, der dir das ohne dein Verdienst geschenkt hat.

    Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 29. Juni, 2025 (Matthäus 16,13-19).

    Selten war so viel die Rede vom Papst wie in den letzten Wochen. Der Tod von Papst Franziskus am Tag nach Ostern, nach seinem letzten Segen „Urbi et orbi“, für die Stadt Rom und den ganzen Erdkreis. Am 8. Mai die Wahl von Leo XIV., dem ersten US-Amerikaner auf den Bischofsstuhl von Rom. Heute, am 29. Juni, wird das Fest der Apostel Petrus und Paulus gefeiert. Sie gelten als die Säulen der Kirche Roms. Mit ihnen hat alles begonnen, was heute noch Rom zum Zentrum der katholischen Kirche macht. Die beiden gehören untrennbar zusammen, auch wenn sie sehr verschieden waren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie beide wegen ihres Glaubens an Christus im Jahr 67 den Märtyrertod gestorben sind, Paulus durch Enthauptung, Petrus durch Kreuzigung im Zirkus des Nero, dort, wo heute der Petersdom steht. Ich kann allen Romreisenden nur wärmstens empfehlen, die Ausgrabungen unter dem Petersdom zu besuchen. Eindrücklicher kann man nicht erahnen, wo und wie das bescheidene Grab des Petrus war, am Ende einer Gräberstraße, genau dort, wo sich heute, über diesem Grab, die gewaltige Kuppel des Petersdoms erhebt. Es gibt wohl wenige Orte auf der Welt, an denen man zweitausend Jahre ununterbrochener Geschichte als Gegenwart erleben kann, kein Museum, sondern lebendiges Heute.

    Wie hat alles angefangen? Davon spricht das heutige Evangelium. Es entschlüsselt auch das, was man das Geheimnis von Petrus und Paulus bezeichnen kann. Matthäus, der ehemalige Zöllner, den Jesus berufen hat, war Augenzeuge. Ganz im Norden von Galiläa, wo Jesus mit seinen Jüngern alleine ist, stellt er ihnen die ganz persönliche Frage: „Wer sagt ihr, dass ich bin?“ (so die wörtliche Übersetzung). Die Antwort des Simon Petrus ist bis heute die Grundaussage des Christentums: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Sie ist Grundstein und Stein des Anstoßes zugleich. Wegen dieses Bekenntnisses ist Petrus gekreuzigt worden. Wegen ihm ist er der Fels, auf dem Christus seine Kirche zu bauen versprochen hat.

    Die Heiligen Petrus und Paulus auf dem Altarblatt des Steinmetz Altars im nördlichen Langhaus des Wiener Stephansdoms *.

    Doch sehen wir uns das genauer an, um Missverständnisse zu vermeiden. Auf die Antwort des Petrus gibt Jesus ihm drei Verheißungen. Sind sie eingetreten? Haben sie sich bewahrheitet? Die erste Verheißung ist die wichtigste: „Selig bist du, Simon Barjona, denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Was für Petrus gilt, gilt bis heute: An Jesus zu glauben, ihn als Christus, als Sohn Gottes zu erkennen, ist nicht Ergebnis unserer eigenen Überlegungen. Der Glaube ist Geschenk Gottes. Daraus folgt: Du darfst nie über den Glauben anderer urteilen! Bist du gläubig, so danke Gott dafür, der dir das ohne dein Verdienst geschenkt hat.

    Die zweite Verheißung ist eine ebenso wichtige Klarstellung: „Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Es ist nicht deine Kirche, lieber Petrus, sondern meine, sagt Jesus überdeutlich. Nicht du wirst sie bauen, sondern ich selber! Wo immer wir „Kirchenleute“ das vergessen und so tun, als wäre sie unsere eigene „Firma“, verraten wir das Wesen der Kirche.

    Daher der große Trost der dritten Verheißung: „Die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ Unzerstörbar ist sie nicht wegen ihres „Bodenpersonals“, sondern weil Christus sie immer von innen her erneuert durch seinen Geist. Die zweitausendjährige Geschichte der Kirche und der Päpste lebt aus dieser Kraft der Erneuerung, die von Christus ausgeht. Dem Petrus hat Jesus die Schlüssel des Himmelreichs nur anvertraut. Es sind nämlich die Schlüssel Jesu.

    Quelle: Predigten von Kardinal Schönborn auf der Homepage der EDW

    * Der „Steinmetzaltar“ gehört zu den ältesten barocken Altären des Domes. Er wurde 1677 von den bürgerlichen Steinmetzen beauftragt und ist der einzige Barockaltar, der nicht aus Stein, sondern aus Holz angefertigt wurde; die täuschende Wirkung ist nur gemalt.

    Das Hauptbild stammt von Tobias Pockh, ein Maler aus Konstanz, der 1647 nach Wien berufen wurde, um gemeinsam mit seinem Bruder Johann den Hochaltar von St. Stephan zu errichten. Das Altarblatt zeigt die beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus, die von einem Engel gekrönt werden.

    Die rahmenden Heiligen, Leopold III. von Österreich und Kaiser Heinrich II., waren Gründer und Bauherren zahlreicher Kirchen und damit für die Bauleute von großer Bedeutung.

    Quelle: „Unser Stephansdom“ – Verein zur Erhaltung des Stephansdoms, Nr. 136 / Juni 2022

  • Heiliger Geist

    Allmächtiger, ewiger Gott, durch das Geheimnis des heutigen Tages heiligst du deine Kirche in allen Völkern und Nationen.

    Erfülle die ganze Welt mit den Gaben des Heiligen Geistes, und was deine Liebe am Anfang der Kirche gewirkt hat, das wirke sie auch heute in den Herzen aller, die an dich glauben. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

    Der Lebensatem des ewigen Gottes erquicke uns mit seinem Wehen und leite uns auf Wegen des Friedens.

    Quelle: Abschluss des Morgengebetes in Magnificat – das Stundenbuch vom heutigen Pfingstsonntag 2025.

    Pfingsten – der Moment, in dem die Liebe zu sprechen begann.
    Es ist das Fest, an dem Gottes Geist die Kirche ins Leben rief – aber nicht für sich selbst.
    Diese Liebe, von der die Oration spricht, wirkt in allen, die glauben.
    Nicht nur in den Reihen der Getauften, sondern überall dort, wo Menschen ihr Herz öffnen für den Gott der Liebe.

    Sein Geist ist wie ein stiller Wind, der Frieden bringt, wo Streit war.
    Wie ein Lichtstrahl, der uns erkennen lässt:

    Du bist nicht allein.

    Die Liebe lebt. Und sie wirkt

  • Der Beistand

    Wir sind nicht allein. Der Beistand ist schon da. Der Heilige Geist ist nicht bloß ein Symbol für Kraft oder Trost – er ist Beziehung. Ein Teil Gottes. Und Gott ist die Liebe.

    Christus sendet den Geist, Ingeborg-Psalter, Nordost-Frankreich um 1200, Chantilly, Musée Condé, Ms. 9 olim 1695, fol. 32v, © BPK / RMN

    In dieser Miniatur, entstanden um 1200, strömen dreizehn Feuerzungen über die Köpfe der Urgemeinde. Maria sitzt in der Mitte, gekrönt, mit einem blauen Buch in den Händen – der Kirche gleich, empfängt sie das Geschenk von oben. Über allem: Christus, der Herr, der segnet und sendet.

    Es ist kein ferner Mythos. Es ist eine Einladung:

    Der Geist des Herrn fällt nicht vom Himmel – er ist schon da. Wir können ihm vertrauen. Der Gegenwart Gottes in uns.
    (Heinz Detlef Stäps)

    Wer geliebt hat, weiß: Die Liebe bleibt.
    Wer trauert, ahnt: Der Geist weht, wenn alles still steht.
    Wer betet, spürt: In der Zärtlichkeit Gottes lebt auch die Kraft, die uns aufrichtet.

    Lassen wir uns stärken.
    Lassen wir uns senden.
    Lassen wir uns lieben.

    Das Bild ist die Titelseite von Magnificat – das Stundenbuch vom Juni 2025.

  • Erfolgsstory

    In der Osterausgabe der ZEIT habe ich diesen gut recherchierten Artikel über die Geschichte des Christentums gelesen. Obwohl 1600 Jahre ( und damit z.B. der Hl. Augustinus, die Geschichte der Orden und das Zweite Vatikanische Konzil) ausgelassen wurden, ist das Feuilleton fein zu lesen.

    Ich habe den Text und meinen Kommentar dazu mit Zustimmung des Verlags hier verlinkt.

    Artikel und Kommentar sind hier kostenlos lesbar. Wer darauf reagieren möchte, muss sich allerdings bei der ZEIT registrieren.

  • Kurz vor Oste(r)n

    Ein Versuch, der Liebe zu vertrauen

    Es gibt Momente, in denen ich innehalte. Ein Bild, das ich selbst gestaltet habe, begleitet mich dabei: Ein schlichter Kompass. Norden oben, Westen links, Süden unten – und wo eigentlich der Osten wäre, dort schlägt ein Herz. In der Mitte steht: „kurz vor OSTE®N“.

    Ein Wortspiel, ja – aber nicht nur ein Spiel. Für mich ist es ein stilles Zeichen: eine Erinnerung daran, woher das Licht kommt. Und worauf ich hoffe.

    Denn ich bin frei. Frei, zu glauben. Frei, zu zweifeln. Frei, der Liebe Gottes zu trauen – oder sie zu vergessen. Diese Freiheit ist nicht immer leicht. Manchmal fühlt sie sich an wie ein Weg ohne Ziel.

    Gerade hier in Wien, in dieser Stadt voller Geschichte, voller Melancholie, scheint mir Kirche manchmal leise zu werden. Unbemerkt. Man könnte sagen: unwichtig. Die Menschen gehen. Die Räume werden größer. Die Stimmen kleiner.

    Aber die Welt ist größer als mein Blickfeld. Und so sehe ich auch: Weltweit wächst die Kirche. Menschen finden Trost, Sinn, Gemeinschaft. Und nicht nur irgendwo – sondern in großer Zahl. Es berührt mich, das zu wissen. Es weitet mein Herz.

    Und doch: Glaube beginnt für mich nicht im Großen. Er beginnt dort, wo ein trauriger Mensch ein wenig Freude spürt – vielleicht, weil ich ihn wahrgenommen habe. Vielleicht, weil ich in diesem Moment etwas von der Liebe weitergeben konnte, die ich selbst erfahren habe.

    Ich habe viel gelernt in „meiner“ Kirche. Nicht aus Büchern, nicht aus Argumenten – sondern durch Begegnung. Durch Menschen. Durch das stille Mittragen in Momenten der Dunkelheit.

    Ostern ist nahe. Für mich ist das nicht nur ein Datum. Es ist ein Bild für Aufbruch, für Verwandlung. Nicht laut. Nicht spektakulär. Sondern in der Tiefe.

    „Kurz vor Oste(r)n“ – das heißt für mich: Ich darf mich erinnern. An das Licht, das kommt. An das Herz, das dort schlägt, wo der Morgen beginnt.

    Und an den leisen Ruf, der nicht befiehlt, sondern einlädt: Vertrau der Liebe.

  • Kirche

    Religionsgemeinschaften sind von jeher kompetente Begleiter in Zeiten der Trauer. Sie haben Antworten auf die großen Fragen des Lebens. Woher komme ich? Wohin gehe ich? Werden wir uns wiedersehen?

    Viele Menschen haben in unserer Zeit allerdings den direkten Kontakt zu ihrer Kirche verloren. Sie kennen keinen Priester persönlich und stehen der Kirche distanziert gegenüber obwohl sie gläubige Menschen sind.

    Ich bin selbst ein gläubiger Katholik und ehrenamtlicher Lektor im Stephansdom. Mit dieser Erfahrung und Haltung begleite ich trauernde Menschen – in keiner offiziellen Funktion der Kirche aber voller Liebe.

    Abschiedsfeiern mit christlicher Prägung gestalte ich mit den Hinterbliebenen würdevoll, hoffnungsfroh und nach ihren Vorstellungen.

    In Heiligen Messen, beim Requiem oder einer Totenandacht werde ich von Priestern eingeladen, die Trauerrede eingepaßt in die liturgische Feier zu halten.

    Regelmäßig führe ich Trauernde nach Absprache mit dem Sakristeidirektor von St. Stephan im Dom hinauf zur Orgelempore wo wir in der Weite des gotischen Doms dem geliebten verstorbenen Menschen nahe sind.

    So wird Kirche als tröstender Raum und als liebevolle Gemeinschaft erlebbar.