Schlagwort: Gott

  • Wir? Du?

    Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das Gottes besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. Einst wart ihr nicht sein Volk, jetzt aber seid ihr Gottes Volk; einst gab es für euch kein Erbarmen, jetzt aber habt ihr Erbarmen gefunden.

    1 Petr 2, 9–10


    Wir leben in einer Welt, die oft dunkel wirkt.
    Doch Du bist nicht namenlos im Strom der Zeit.

    Du bist gerufen. Gehalten. Geliebt.
    Du bist Teil eines Volkes, das Licht in die Welt trägt.

    Du musst nicht perfekt sein.
    Du darfst Erbarmen empfangen – und weitergeben.

    Dein Leben ist wertvoll, weil Du es mit Hoffnung füllst,
    durch Zuhören, Helfen, Danken, Vergeben.

    Heute. Jetzt. Und auch morgen.

    Denn wir sind nicht Zuschauer,
    sondern Zeugen der Liebe Gottes,
    die stärker ist als Dunkelheit und Tod.

  • Du Seele meines Betens

    Ich steh vor dir in Leere, arm und bang,
    fremd ist dein Name, spurlos deine Wege.
    Du bist mein Gott, Menschengedenken lang –
    Tod ist mein Los, hast du nicht andern Segen?
    Bist du der Gott, der meine Zukunft hält?
    Ich glaube, Herr, was stehst du mir dagegen.

    Mein Alltag wird von Zweifeln übermannt,
    mein Unvermögen hält mich eingefangen.
    Steht denn mein Name noch in deiner Hand,
    hält dein Erbarmen leise mich umfangen?
    Darf ich lebendig sein in deinem Land,
    darf ich dich einmal sehn mit neuen Augen?

    Sprich du das Wort, das mich mit Trost umgibt,
    das mich befreit und nimmt in deinen Frieden.
    Öffne die Welt, die ohne Ende ist,
    verschwende menschenfreundlich deine Liebe.
    Sei heute du mein Brot, so wahr du lebst –
    Du bist doch selbst die Seele meines Betens.

    Text: Huub Oosterhuis (Übersetzung: Alex Stock), aus: Huub Oosterhuis, Solang es Menschen gibt auf Erden, 60, © 2023 Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br. – Melodie: GL 422 · GL 1975 621 · KG 544 · EG 382
    gefunden in Magnficat – das Stundenbuch am 3.7.2025, Abendgebet

  • Erschaffung der Welt

    Seit 1995 lese ich täglich Magnificat – Mein Stundenbuch. Das ist ein auf Dünndruckpapier gedrucktes Monatsheft mit rund 300 Seiten, das für jeden Tag des Monats die Legende des / der Tagesheiligen, das Morgengebet, die Texte der Eucharistiefeier und das Abendgebet beinhaltet. Der anschließende redaktionelle Teil beinhaltet Themen des Monats.

    Gleich am Beginn wird das Titelbild ausführlich von Domkapitular Msgr. Dr. Heinz Detlef Stäps aus Rottenburg beschrieben. Er hat mir ausdrücklich gestattet, seinen Text hier zu verwenden. Diese Texte sind für mich eine Meditation für den jeweiligen Monat. Das heurige Juli-Bild befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek.

    Erschaffung der Welt, Bible Moralisée, Paris, um 1225, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Cod. Vindobonensis 1179, fol. 1v

    Aus Gott geboren

    Jede Bible Moralisée des 13. Jahrhunderts zeigt den Schöpfer der Welt sozusagen als Titelbild (Frontispiz) vor dem eigentlichen Text mit den Medaillons. Bevor die einzelnen Teile der Bibel interpretiert werden, soll als Voraussetzung deutlich gemacht werden, dass die Welt aus Gottes Händen kommt, dass sie durch seinen Willen erschaffen wurde und er ihr „Architekt“ und Planer ist.

    Wort, durch den die Welt geschaffen wurde.

    Insofern können wir hier durchaus ein Bild Christi erkennen, der in seiner Beteiligung am Schöpfungswerk gezeigt wird.

    Der Schöpfungsakt

    Christus hält eine Kugel oder Scheibe auf dem Schoß. Diese ist mit verschiedenen Farben und Formen als die nach dem biblischen Bericht entstehende Welt gezeigt. In der Mitte sind gelb-grüne vegetabile Formen zu sehen, die das entstehende Leben auf der Erde meinen. Sie sind noch umgeben vom Schwarz der Finsternis über der Urflut (vgl. Gen 1, 1). Auch diese Urflut ist, von einem weißen Saum getrennt, von außen zu sehen. Nach dem biblischen Weltbild ist es aber auch das „Wasser oberhalb des Gewölbes“ (= Himmel) (Gen 1, 7), wie man sich den Regen erklärte. Außen umgibt die gesamte Welt ein grüner Rand, an dem Christus sie hält und trägt.

    Das Instrument, das Christus in der Hand hält, ist ein Zirkel. Mit dem Zirkel übertragen früher Architekten auf den Plänen die Maßeinheiten und legten Messpunkte fest. Christus wird hier also als Architekt der Welt gezeigt. Er plant und beugt. Er plant und bemisst die Schöpfung, er legt die Mitte der Welt fest und bestimmt die Abstände der Schöpfung.

    Wer ist hier dargestellt?

    Die bildbeherrschende Person ist hier im Sitzen dargestellt. Andere Fassungen der Bible Moralisée zeigen sie stehend. Hier sitzt sie auf einem Faldistor (liturgischer Klappstuhl) und ist mit rot-blauen Gewändern bekleidet, die ornamentale Verzierungen zeigen. Die Füße sind nackt und der nach rechts geneigte Kopf wird von einem goldenen Nimbus mit Kreuz umgeben. Damit ist klar, dass es sich hier um eine der drei göttlichen Personen handeln muss: Gott Vater, Sohn oder Heiliger Geist. Ein Blick in das Gesicht des Mannes, vom welligen dunklen Bart und von ebensolchen, langen Haaren gerahmt, legt uns die Überzeugung nahe, dass es sich hier um Christus, die zweite göttliche Person, handeln muss. Doch so einfach ist es nicht.

    Die Bibel spricht in beiden Schöpfungsberichten (Gen 1, 1 – 2, 3 und Gen 2, 4–25) von „Elohim“ (Gott, eigentlich Plural) bzw. sie benutzt ab Gen 2, 4 auch den Gottesnamen „JHWH“. Damit ist klar, dass hier der Vater gemeint ist, er ist der Schöpfer, aus seinem Willen entsteht alles Geschaffene.

    Da der Vater aber nicht konkret darstellbar ist, wurde er in der mittelalterlichen Kunst manchmal mit den Zügen Christi gezeigt. Bei Darstellungen der Marienkrönung sehen wir dann zum Beispiel zweimal Christus mit der Taube des Geistes dazwischen (vgl. St. Georg in Gelbersdorf, Altar im nördlichen Seitenschiff, 15. Jh.). Insofern kann eine Darstellung Christi durchaus den Vater und damit den Schöpfergott meinen. Biblische Grundlage dafür ist Kol 1, 15, wo Christus das Ebenbild des unsichtbaren Gottes genannt wird.

    Hier ist es aber anders: Als Christen haben wir einen eigenen Blick auf die Schöpfungsgeschichte. Wir sehen hier nicht nur Gottvater tätig, sondern auch der Sohn und der Geist haben Anteil am Schöpfungswerk. „Gottes Geist schwebte über dem Wasser“ heißt es in Gen 1, 2 und wir nennen den Heiligen Geist im Glaubensbekenntnis denjenigen, der lebendig macht.

    Noch deutlicher ist die Beteiligung der zweiten göttlichen Person am Schöpfungswerk. Im schon erwähnten Kolosserhymnus heißt es über Christus: „Denn in ihm wurde alles erschaffen […] alles ist durch ihn und auf ihn erschaffen.“ (Kol 1, 16) Dies ist theologisch ja auch ganz einleuchtend: Christus ist das Wort, der Lógos (vgl. Joh 1, 1 f.) und „alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1, 3). Und der biblische Schöpfergott muss im Gegensatz zu den Göttern des Vorderen Orients nicht kämpfen, um die Welt zu erschaffen, sondern er spricht (vgl. Gen 1, 3.6 etc.). Für die christliche Theologie ist es deshalb Christus, das

    Im Gegensatz zu anderen Darstellungen ist er hier sitzend gezeigt, mit der Schöpfung im Schoß. Natürlich ist das kein Zufall. Der Maler hat hier ausdrücken wollen, dass die Schöpfung nicht nur durch Gottes Hände gestaltet wurde, sondern dass sie aus Gott geboren ist. Die Welt ist keine Kopfgeburt und kein Hand-Werk, sie stammt aus der Mitte der Liebe Gottes. Sie steht in Beziehung zu ihrem Schöpfer, aber sie ist auch ein Werk der Beziehung Gottes in sich, der Liebe zwischen Vater, Sohn und Geist. Gerade deshalb ist die Beteiligung aller drei göttlichen Personen so wichtig.

    Mandorla und Engel

    Die Christusfigur wird von einem mehrfachen Rahmen in der Form eines ovalen Vierpasses umgeben. Ohne Zweifel ist hiermit die gotische Form der Mandorla gemeint, eine Art Ganzkörpernimbus, mit dem Christus herausgehoben wird und der seine göttliche Herrlichkeit unterstreicht. Dementsprechend ist sowohl innen als auch außen Blattgold aufgebracht, das mit Ornamenten ziseliert wurde.

    Auffällig ist, dass in allen vier Ecken Engel gemalt wurden, die in seltsamen Verrenkungen mit ihren Flügeln, Füßen und Gewandzipfeln die Eckfelder möglichst gut ausfüllen. Alle halten mit beiden Händen die Mandorla und schauen zu Christus hinauf bzw. herunter.

    Wir haben hier keine Maiestas Domini vor uns, dazu müssten die vier Engel durch die vier (apokalyptischen) Wesen (vgl. Ez 1, 5–10) ersetzt werden und als Thronassistenten einer Theophanie (Gotteserscheinung) fungieren. Hier bezeugen die Engel die himmlische Herrlichkeit des Herrn, der die Welt ins Sein ruft und sich somit ein irdisches Gegenüber schafft. Sie ist sein Werk, von ihm geplant und geschaffen, sie entspringt seinem Willen und seinem Können. Sie ist aus ihm geboren und somit der ideale Lebensraum für die Menschen als Ebenbild Gottes (vgl. Gen 1, 27). Sie werden das eigentliche Gegenüber Gottes sein, Produkt und Ziel seiner Liebe, und zu ihrer Erlösung wird Christus in dieser Welt als Mensch geboren werden.

    Heinz Detlef Stäps

    aus der Mitte Gottes kommt alles was ist

    er ist die Mitte der Welt

    wer sich finden will muss Gott

    suchen

    in der Mitte der eigenen Seele

    Heinz Detlef Stäps

    Quelle: Magnificat. Das Stundenbuch (Monatsausgabe Juli 2025), Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer, Online-Ausgabe, S. 10–16.

  • Gibt es Gott? – Was wir in der Trauer wissen wollen

    Gibt es Gott? Diese Frage stellt sich früher oder später jeder Mensch. Dr. Johannes Hartl, Theologe und Philosoph, bringt es in einem Gespräch auf den Punkt:

    „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“

    Hartl erklärt: Die Ordnung und Logik des Universums, unsere Fähigkeit zu denken und zu fragen, deuten darauf hin, dass es einen Urheber dieser Welt gibt. Das Universum sei kein reines Zufallsprodukt, sondern trage in seiner Gesetzmäßigkeit Spuren einer höheren Vernunft.

    Warum das Leiden uns zweifeln lässt

    Das stärkste Argument gegen Gott ist für Hartl das Leid in der Welt. Doch er sagt auch: Ohne Gott wird das Leiden nicht kleiner, sondern wir verlieren eine Quelle von Trost und Sinn.

    Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt unseres Lebens. Vielleicht hat Gott Gründe, warum er eine Welt mit der Möglichkeit von Leid erschafft – weil er uns Freiheit schenkt und Leben ermöglicht, das nicht nur von außen gesteuert ist.

    Religiöse Erfahrung – Ein Hinweis?

    Hartl verweist auf ein einfaches Bild:

    „Wir hätten keinen Durst, wenn es kein Wasser gäbe.“

    So könnte auch unser Sehnen nach Gott ein Hinweis darauf sein, dass es ihn gibt. Religiöse Erfahrungen sind Teil der Menschheitsgeschichte und geben vielen Menschen Halt.

    Glaube als Fundament

    Glaube ist kein mathematischer Beweis, sondern eine Entscheidung:

    • Lebe ich so, als wäre alles nur Zufall?
    • Oder lebe ich in dem Vertrauen, dass mich ein liebender Gott gewollt hat?

    Der Glaube, so Hartl, sei „die grundlegendste Einstellung, die unser Leben trägt.“

    Was bedeutet das für Trauernde?

    In Momenten des Abschieds kann diese Frage besonders drängen. Das Gespräch mit Dr. Hartl lädt dazu ein, Trost zu finden in der Möglichkeit, dass Gott existiert, uns kennt und trägt – gerade im Leid und in unserer Suche nach Sinn.


    🎥 Das Video ansehen:

    ➡️ Gibt es Gott? – mit Dr. Johannes Hartl (KIRCHE IN NOT)

  • Intakte Familie

    Abram, Sarai, Isaak, eine intakte Familie. „Intakt“ bedeutet ursprünglich „unberührt, unversehrt“, heute auch „voll funktionsfähig, störungsfrei funktionierend“.

    Was ist eine intakte Familie? „Etwas ist immer“, stöhnt der Kollege, liebevoller und engagierter Familienvater. Etwas ist immer, irgendwo knirscht es, um irgendwen bangt und zittert man immer in einer Familie. Rundum „intakte“, also durchweg „störungsfrei funktionierende“ Familien gibt es wohl nur bei Happy-Family-Influencern oder in Waschmittel-Werbespots.

    Nun aber Abram und die Seinen. Von reibungslos und störungsfrei kann da keine Rede sein, die Gefährdung der jungen Ehe durch Wegschauen und Feigheit des Ehemannes, der Dauerschmerz der Kinderlosigkeit, die fragwürdige Leihmutteraffäre, die gewissenlose Verstoßung der Sklavin und ihres Sohnes durch die Herrschaft.

    Und nun dies: in die Unfruchtbarkeit der späten Jahre die Verheißung eines Kindes und unzähliger Nachkommen. „Störungen haben Vorrang“, heißt es bei der Psychologin Ruth Cohen. Und daran ist vieles wahr. „Vertrauen hat Vorrang“, denkt Abram, „Hoffnung hat Vorrang“: und der Herr rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.

    Tagesimpuls zu Gen 15, 1–12.17–18

    Quelle: Magnificat – das Stundenbuch

  • Der Tod geht mit der Zeit

    Auch knapp sieben Jahre nach seinem Erscheinen ist dieser Artikel eine Fundgrube für Vieles, das sich in Wien – und nicht nur hier – an der Bestattungskultur verändert hat.

    Als christlicher Trauerredner spüre ich allerdings auch eine große Sehnsucht der Angehörigen nach bleibendem Trost. Es ist noch gar nicht lange her, dass kirchliche und weltliche „Verabschieder“ kurz vor dem letzten Weg die Angehörigen um eine nette Geschichte aus dem Leben des lieben verstorbenen Menschen gebeten haben und dann aus dem Zusammenhang gerissen, diese Geschichte in der Aufbahrungshalle in ihre Standardreden eingebaut haben.

    Heute ist es bei guten Trauerredner üblich, die Angehörigen wenigstens ein paar Tage vor der Einsegnung zu besuchen und in einem einfühlsamen Gespräch zu spüren, was den lieben verstorbenen Menschen ausgemacht hat. Dann gelingt es auch, bei der Trauerrede die Zeit anzuhalten und ein letztes Mal den Toten in Gedanken lebendig zu erleben. Dieser großartige Mensch ist uns vorausgegangen und richtet schon eine Wohnung für uns her. Niemand weiß, wo diese neue Heimat sein wird und niemand weiß, wann und wie wir uns dort wiedersehen werden. Bis dahin können wir uns beim Friedensgruß nach dem Vater Unser umarmen und dürfen dankbar sein für die Freunde, die uns begleiten und für Gott, der uns liebt.

    Und am Wiener Zentralfriedhof hören wir manchmal leise den Chor unserer Lieben singen: „Wir sind nicht tot. Wir sind bei Gott. Auf Wieder-Sehen!“

  • Ich bin nicht tot

    „Beklagt mich nicht wie einen Toten,
    wenn ich vor Gottes Angesicht lebe.“

    – Redaktion Magnificat nach Aloisius von Gonzaga

    Wer liebt, trauert.
    Wer glaubt, hofft.

    Wenn wir Abschied nehmen,
    sehen wir nur das Äußere:
    den leeren Platz, die Stille, die Leere.

    Aber der Glaube sieht mehr:
    eine Seele, die angekommen ist.

    Ein Herz, das jetzt schlägt im Rhythmus der Liebe Gottes.
    Ein Leben, das vollendet wurde – nicht beendet.

    „Denn wir wissen:
    Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird,
    dann haben wir von Gott ein ewiges Haus im Himmel.“

    (2 Korinther 5,1)

    Ich bin nicht tot – Ich bin bei Gott

  • Suche Gott

    Suche Gott, du kannst ihn finden,
    tief im Schweigen hörst du ihn.
    Lies in deines Lebens Spuren,
    atme seine Gegenwart.

    Liebe Gott aus ganzem Herzen,
    er hat dich zuerst geliebt.
    Liebe ihn in den Geschwistern,
    öffne ihnen Herz und Sinn.

    Traue Gott, er wird dich tragen,
    birgt dich wie ein starkes Boot,
    führt dich durch der Zeiten Stürme
    sicher hin zum neuen Land.

    Helmut Schlegel 2007
    © Dehm Verlag, Limburg

  • Der wahre Schatz des Schreins

    Gedanken zu Fronleichnam

    „Nicht der Ort ist das, was letztlich zählt;
    was man spürt, ist das, was bleibt.“

    (Taoistische Meditation, Tag 170 – Schrein)

    Wenn wir an Fronleichnam das Allerheiligste in goldener Monstranz durch die Straßen tragen, dann ehren wir nicht einfach einen Schrein. Wir ehren eine Gegenwart, die uns innerlich berührt.

    Wie im Taoismus der Schrein nicht bloß ein exotischer Ort ist, sondern ein Spiegel des Herzens, so ist auch Fronleichnam kein Spektakel, sondern eine Einladung: 

    Gott wohnt unter uns. In uns.

    Wurzel Jesse Monstranz, Dom Museum Wien

    Ob du den Schrein im Tao oder das Allerheiligste in der katholischen Liturgie suchst – beide feiern das Heilige als Gegenwart. Was zählt, ist nicht, wohin du gehst, sondern wie du gehstMit offenem Herzen.

    Alltagssorgen fallen auf den kristallenen Boden.
    Buchstaben aus Feuer zeigen sich in der Luft.
    Und erscheinen wieder in deinem Herzen.

    Deng, Ming-Dao. 365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres

    Dann geschieht Wandlung.
    In der Trauer wie im Glauben gibt es heilige Orte.
    Nicht, weil sie geweiht sind –
    sondern weil sie uns verwandeln.