Gedanken aus dem Taoismus lösen bei mir manchmal kühle Distanz aus. Manchmal öffnen sie auch einen anderen Blickwinkel.

Die Wege mancher Menschen kreuzen sich manchmal nur kurz, wenn sie Freundschaft schließen, aber das macht diese Zeit nicht weniger wertvoll. Wir müssen die Unterstützung nutzen und auf eine Weise teilen, von der alle Beteiligten profitieren. Immer wenn wir dem anderen etwas wegnehmen, sollten wir versuchen, ihm etwas zurückzugeben. Das ist wichtig. Niemand sollte sich auf eine andere Person verlassen oder erwarten, über eine lange Strecke hinweg getragen zu werden. Freunde sollten so lange nebeneinanderher gehen, wie ihre gemeinsame Reise dauert, ohne sich voneinander abhängig zu machen.
Es sollte keine Verpflichtungen geben. Wenn ich jemandem helfen kann, sollte ich es ohne zu zögern oder ohne die Erwartung einer Belohnung oder späteren Schuldbegleichung tun. Wenn es etwas gibt, das ich lernen muss und das mir mein Gefährte zeigen kann, sollte ich diese Lektion bescheiden annehmen. Niemand »besitzt« Wissen. Es sollte frei geteilt werden.
In jeder Begegnung steckt der Keim des Abschieds. Nichts währt ewig. Die Flüchtigkeit verleiht dem Leben seine Prägnanz. Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich. Man kann keinen anderen Weg gehen als seinen eigenen.
Quelle
Deng Ming-Dao: 365 Tao – Meditationen für jeden Tag des Jahres.
Tag 98, 8.4.2025
Übersetzung: Dr. Kimiko Leibnitz.
München: FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, 2023.
ISBN Print: 978-3-95972-658-0.