
Der geliebte verstorbene Mensch ist nicht mehr greifbar –
aber auch nicht verloren.
In Gottes Hand.
Und in Deinem Herzen.
Eure Liebe lebt weiter.
Der geliebte verstorbene Mensch ist nicht mehr greifbar –
aber auch nicht verloren.
In Gottes Hand.
Und in Deinem Herzen.
Eure Liebe lebt weiter.
Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.
Röm 13, 8.10
Inspiriert durch Deng Ming-Dao, „365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres“, Arkana Verlag, 1992, Tag 139
Mauer aus Flammen. Brücke aus Tränen.
Schneeflocke auf frisch geschmiedeten Kettengliedern.
Eine Ehe, die Bestand hat, ist kein Zufall. Sie wird geschmiedet – Glied für Glied, unter Hitze, durch Mühe und Hingabe. Wie Eisen, das erst im Feuer der Leidenschaft formbar wird und dann im Wasser der Tränen abkühlt, entsteht aus Nähe und Konflikt eine Verbindung, die trägt.
Es ist schwer, allein durchs Leben zu gehen. Jeder von uns sehnt sich nach Zugehörigkeit, nach einem Du, das mit uns in dieselbe Richtung schaut. Damit das gelingt, braucht es gemeinsame Werte, Ziele, Perspektiven. Ehe ist kein romantisches Dauerfeuer, sondern die Kunst, auch in Stille und Spannung verbunden zu bleiben.
Wir erwarten oft, dass unser Partner zugleich unser bester Freund, Liebhaber und Vertrauter ist – aber wahre Verbindung gründet tiefer. Auch wenn sie äußerlich brüchig scheint, kann in ihr eine Treue leben, die in keiner anderen Beziehung vorkommt. Und doch mahnt uns das Tao: Auch in der stärksten Bindung braucht es Maß, Freiheit, Atem.
Denn jede Beziehung ist endlich. Wer sich krampfhaft aneinander klammert, verliert das klare Sehen. Liebe darf keine Sucht werden. Halten wir niemanden fest. Zwingen wir niemanden, zu bleiben. Definieren wir uns nicht über den anderen. Und doch – wenn das Leben uns erlaubt, ein Stück gemeinsam zu gehen, dürfen wir dankbar sein.
Wenn es Zeit ist, sich zu trennen, dann ist es Zeit. Ohne Reue. Denn die Schönheit der Ehe gleicht einer Schneeflocke: vollkommen im Moment – und doch vergänglich.
Foto: Alexey Kljatov, 2025
Warum JJ’s Eurovision-Song „Wasted Love“ eine tiefere Wahrheit über das Wesen der Liebe offenbart
Ein Essay von Harald R. Preyer
Wien, am Sonntag, dem 18. Mai 2025
Es ist ein bewegender Moment im Finale des Eurovision Song Contests 2025. Ein junger Mann mit heller Stimme, fast engelsgleich, steht in schimmerndem Licht. Der österreichische Countertenor JJ singt sich mit „Wasted Love“ in die Herzen Europas – und gewinnt.
Der Refrain brennt sich ein:
Now that you’re gone – all I have is wasted love.
Jetzt, da du fort bist, bleibt nur verschwendete Liebe.
Aber kann Liebe je verschwendet sein?
JJ – bürgerlich Johannes Jakob Pietsch – ist 24 Jahre alt, Sohn eines Österreichers und einer philippinischen Mutter. Aufgewachsen in Dubai, zurückgekehrt nach Wien, ausgebildet an der Musikuniversität, tritt er an der Volksoper ebenso auf wie in der U-Bahn oder auf der Bühne von Starmania.
Bis zum hohen Cis kommt Countertenor Johannes Pietsch alias JJ in seinem Song „Wasted Love“. APA/Helmut Fohringer
Sein Gesang ist keine Pose, sondern Ausdruck einer inneren Wahrheit. Als Countertenor sprengt er Rollenklischees – in der Stimme, in der Person, im Ausdruck. JJ steht für eine neue Generation von Künstlern, die sich nicht mehr zwischen Pop und Oper, zwischen queerer Identität und klassischer Schönheit entscheiden müssen.
„Wasted Love“ ist eine moderne Klage. Eine Stimme ruft aus dem Ozean der Gefühle nach jemandem, der Angst hat vor Nähe, vor Tiefe, vor Ertrinken. Die Musik beginnt fast nackt, intim, und wächst zu einem hymnischen Crescendo, das sich in technoiden Nebel auflöst.
Doch inmitten dieser Einsamkeit stellt sich eine größere Frage: Wenn Liebe nicht erwidert wird – war sie dann vergeblich?
Die christliche Theologie kennt diese Frage gut. Jesus selbst liebte, ohne zurückgeliebt zu werden. Er heilte, tröstete, weinte – oft vergeblich. Und doch sagt die Bibel:
„Die Liebe hört niemals auf.“
(1 Kor 13,8 )
Liebe, die gegeben wurde, ist nicht verloren. Sie bleibt – als Kraft, als Erinnerung, als Teil dessen, der liebt. Und darin liegt ein Trost: Selbst wenn sie auf taube Ohren trifft, hat sie gewirkt. In mir.
Die Wahl dieser ungewöhnlichen Stimmlage ist kein Effekt, sondern eine Haltung. Der Countertenor singt dort, wo andere schweigen. Er bringt das Verborgene an die Oberfläche. Seine Stimme schwebt über dem Alltäglichen und ruft: Auch das ist möglich. Auch so klingt Liebe.
JJ’s Stimme ist wie das Lied selbst: verletzlich, schön, mutig – und offen für Schmerz.
Dass JJ regelmäßig an der Wiener Volksoper singt, ist kein Zufall. Die Bühne hat ihn geprägt, aber sie hält ihn nicht zurück. Vielmehr ist sie ein Ort der Durchlässigkeit geworden – zwischen den Genres, den Generationen, den Welten. „Wasted Love“ klingt nach Mahler und nach Madonna, nach Verlust und Verheißung.
In einem Interview sagte JJ:
„Ich will zeigen, dass es okay ist, zu lieben – auch wenn man nichts zurückbekommt. Ich habe lange geglaubt, das sei Schwäche. Jetzt weiß ich: Es ist meine größte Kraft.“
Darin liegt der Zauber dieses Auftritts. Nicht die perfekte Inszenierung hat Europa überzeugt, sondern die nackte Wahrheit: Dass Liebe immer ein Wagnis ist. Dass sie sich schenkt – ohne Garantie. Und dass gerade darin ihre Schönheit liegt.
JJ bei seinem Auftritt in Basel. Foto: ORF
Vielleicht ist JJ’s Sieg ein kleiner Triumph für all jene, die lieben – mit offenen Armen, mit offenem Ausgang.
Und vielleicht, nur vielleicht, war keine Zeile des ESC passender als diese:
I’m an ocean of love – and you’re scared of water.
Aber Liebe fürchtet sich nicht. Sie schwimmt. Und manchmal – siegt sie. Amor vincit.
Harald R. Preyer ist systemischer Coach, geistlicher Begleiter und Lektor im Wiener Stephansdom. Er begleitet Menschen in Lebenswenden und gestaltet christliche Trauerfeiern für Ausgetretene. Seine Texte kreisen um die großen Themen: Liebe, Glaube, Abschied.
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Hinweis: Zitate aus „Wasted Love“ von JJ. Bibelzitate aus der Einheitsübersetzung 2016.
JJ’s ESC-Auftritt ist abrufbar unter: www.eurovision.tv
Aus dem hl. Evangelium nach Johannes Joh 14, 1–6
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?
Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr.
Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen?
Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.
Impuls zum Evangelium
Nach der Taufe besuchten wir alle das Familiengrab. Freude war da und Schmerz. Verwirrung der Gefühle. Der junge Großvater, der hier beerdigt ist – warum durfte, warum darf er diese jüngste Enkelin nicht begleiten, nicht die anderen Enkel, nicht seine Töchter? Warum durfte er nicht mit seiner Frau zusammen dieser guten Jahre sich freuen und das Alter gemeinsam bestehen?
Jemand stimmte den Taizé-Gesang an: Ubi caritas et amor, Deus ibi est. Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr.
Nimmt das Christentum das menschliche Leben ernst genug? Ist an Jesus nur seine Auferstehung wichtig? Johannes sieht den ganzen Jesus. Wo Jesus ist, da ist Gottes Liebe, hier und jetzt. Und doch ist die Erde nicht der Himmel. Der Text unseres heutigen Evangeliums kreist um diese Spannung. Er fordert, wie viele andere biblische Texte auch, dass wir diese Spannung aushalten. Sie macht den Kern, die Schwierigkeit und den Reichtum eines Christenlebens aus. Sie gibt uns Spannkraft und hält die Hoffnung wach: auf Jesus, der uns leibhaft und wahrhaft den Weg der Güte weist, im Leben und im Tod.
Quelle: Magnificat – das Stundenbuch vom 16.5.2025
Orientierung beginnt im Herzen.
Bete mit deinem Gewissen,
empfange den Segen mit Demut.
Leite mit Bewusstheit,
führe mit Bescheidenheit.
Wenn im Leben Sicherheiten wegbrechen, wenn uns der Verlust eines geliebten Menschen den Boden unter den Füßen entzieht, brauchen wir eine neue innere Richtung.
Nicht laute Antworten. Sondern leise Wahrhaftigkeit.
Wahre Orientierung entsteht nicht durch äußere Zeichen.
Sie wächst dort, wo wir mit unserem Gewissen sprechen.
Dort, wo wir Demut annehmen und Liebe leben.
Dort, wo wir sanft und stark zugleich werden.
Die Altäre dieser Welt können uns erinnern –
aber die eigentliche Mitte finden wir in uns.
Still, aufrecht, geführt von der Liebe.
(Inspiriert von „365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres“)
Trost finden – in der eigenen Mitte.
Die Sonne scheint in der Mitte des Himmels.
Alle Dinge wenden ihr Antlitz dem Licht zu.
Gerade in Zeiten des Abschieds verlieren wir leicht die Orientierung.
Was gestern noch selbstverständlich war, fehlt plötzlich.
Wo ist die Mitte?
Die Antwort liegt näher, als wir denken:
Unsere Mitte entsteht nicht durch äußere Maßstäbe.
Unsere Mitte ist dort, wo wir uns der Liebe zuwenden.
Der Liebe, die uns hält.
Der Liebe, die uns verbindet – über alles Sichtbare hinaus.
Wenn wir nach innen lauschen, spüren wir:
Trost beginnt in uns.
Die Mitte trägt uns.
Und die Liebe zeigt uns den Weg – sanft, beständig, verlässlich.
(Inspiriert von „365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres“)
Glauben heißt, sich erinnern.
Man weiß – und doch glaubt man.
Der Gott, den du über dir wähnst, ist in dir.
Gerade im Abschied spüren wir:
Glaube ist kein äußeres Konstrukt. Kein ferner Vater im Himmel, keine Bürokratie der Engel.
Sondern ein innerer Weg – ein stilles Wissen, ein lebendiges Vertrauen.
Glaube braucht keine sichtbaren Wunder, keine Beweise.
Er bestätigt sich selbst, indem er unser Herz verwandelt.
Wenn wir lieben, hoffen, vergeben, leben wir den Glauben.
Gott wohnt in uns.
Nicht außerhalb.
Nicht weit weg.
Jetzt.
Hier.
In dir.
(Inspiriert von „365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres“)