Schlagwort: Auferstehung

  • Einem unbekannten Gott

    22 Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: Männer von Athen, nach allem, was ich sehe, seid ihr sehr fromm. 23 Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch. 

    24 Der Gott, der die Welt erschaffen hat und alles in ihr, er, der Herr über Himmel und Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind. 25 Er lässt sich auch nicht von Menschenhänden dienen, als ob er etwas brauche, er, der allen das Leben, den Atem und alles gibt. 26 Er hat aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die ganze Erde bewohne. Er hat für sie bestimmte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnsitze festgesetzt. 27 Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. 28 Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir; wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seinem Geschlecht.[1] 29 Da wir also von Gottes Geschlecht sind, dürfen wir nicht meinen, das Göttliche sei wie ein goldenes oder silbernes oder steinernes Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung. 30 Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, gebietet jetzt den Menschen, dass überall alle umkehren sollen. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird, durch einen Mann, den er dazu bestimmt und vor allen Menschen dadurch ausgewiesen hat, dass er ihn von den Toten auferweckte. 

    32 Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten die einen, andere aber sagten: Darüber wollen wir dich ein andermal hören. 33 So ging Paulus aus ihrer Mitte weg. 34 Einige Männer aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig, unter ihnen auch Dionysius, der Areopagit, außerdem eine Frau namens Damaris und noch andere mit ihnen. 

    Apostelgeschichte 17, 22-34

    Impuls zur Lesung

    Der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844–1900) ist mit dem Christentum nicht zimperlich umgegangen. Doch so leicht lässt sich dieser Philosoph nicht in eine Schublade stecken. Eines seiner Gedichte überschrieb er: „Dem unbekannten Gott“. Wo stehen die Altäre des unbekannten Gottes? Weder in den glänzenden Tempeln der Heiden noch in den Gotteshäusern des Christentums, sondern „in tiefster Herzenstiefe“. Von und vor dem „unbekannten Gott“ bekennt das Ich dieses Gedichts:

    „Sein bin ich, ob ich in der Frevler Rotte / auch bis zur Stunde bin geblieben.“ Ein leidenschaftlicher Ausbruch steht am Ende: „Ich will dich kennen, Unbekannter, / du tief in meine Seele Greifender, / mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender, / du Unfaßbarer, mir Verwandter!“

    Nietzsche spielt auf die Rede des Paulus auf dem Areopag an, er spielt nicht nur mit ihr. Ist der notorische Spötter, der vermeintliche Frevler, hier nicht tief biblisch inspiriert?

    Quelle: Magnificat – das Stundenbuch vom 28.5.2025

  • Neues Leben

    Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn.

    Römer 6,9

  • Dach, Worte, Tisch

    Nur so ein Dach über den Köpfen,
    Tür, die zur Stille offen steht.
    Mauern aus Haut, Fenster wie Augen,
    spähend nach Hoffnung, Morgenrot.
    So voller Leben wird, wie ein Leib
    das Haus, in das wir gehn,
    um recht vor Gott zu stehn.


    Worte von fern, fallende Sterne,
    Funken, vor Zeiten ausgesät.
    Namen für ihn, Träume, Signale,
    tief aus der Welt zu uns geweht.
    Münder aus Erde hören und sehn,
    umfangen, sprechen fort
    das freie Gotteswort.


    Tisch, der uns eint, Brot um zu wissen:
    wir sind einander anvertraut.
    Wunder aus Gott, Menschen in Frieden,
    altes Geheimnis, neu geschaut.
    Brechen und teilen, sein, was nicht geht,
    tun, was undenkbar ist:
    vom Tode auferstehn.


    Huub Oosterhuis (Übersetzung: Peter Pawlowsky), aus: Huub Oosterhuis, Solang es Menschen gibt auf Erden, 84 f., © 2023 Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br.

  • Wohnungen

    In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?

    Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr.

    Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen?

    Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.


    Impuls zum Evangelium
    Nach der Taufe besuchten wir alle das Familiengrab. Freude war da und Schmerz. Verwirrung der Gefühle. Der junge Großvater, der hier beerdigt ist – warum durfte, warum darf er diese jüngste Enkelin nicht begleiten, nicht die anderen Enkel, nicht seine Töchter? Warum durfte er nicht mit seiner Frau zusammen dieser guten Jahre sich freuen und das Alter gemeinsam bestehen?

    Jemand stimmte den Taizé-Gesang an: Ubi caritas et amor, Deus ibi est. Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr.

    Nimmt das Christentum das menschliche Leben ernst genug? Ist an Jesus nur seine Auferstehung wichtig? Johannes sieht den ganzen Jesus. Wo Jesus ist, da ist Gottes Liebe, hier und jetzt. Und doch ist die Erde nicht der Himmel. Der Text unseres heutigen Evangeliums kreist um diese Spannung. Er fordert, wie viele andere biblische Texte auch, dass wir diese Spannung aushalten. Sie macht den Kern, die Schwierigkeit und den Reichtum eines Christenlebens aus. Sie gibt uns Spannkraft und hält die Hoffnung wach: auf Jesus, der uns leibhaft und wahrhaft den Weg der Güte weist, im Leben und im Tod.

    Quelle: Magnificat – das Stundenbuch vom 16.5.2025

  • Jerusalem

    Jerusalem, du neue Stadt,
    gib deinen Liedern neuen Klang,
    in reiner Freude darfst du jetzt
    der Ostern hohes Fest begehn.

    Des Todes Drache unterliegt,
    der Held aus Juda siegt mit Macht,
    da seiner Stimme heller Schall
    die Toten aus den Gräbern ruft.

    Was mit Gewalt der Tod geraubt,
    gibt jetzt die Unterwelt zurück.
    Befreit aus der Gefangenschaft,
    folgt Jesus die erlöste Schar.

    Er triumphiert in Herrlichkeit,
    und weithin spannt sich seine Macht,
    er eint den Himmel und die Welt
    zum Reich, in dem er ewig herrscht.

    Dem Herrn sei Preis und Herrlichkeit,
    der aus dem Grabe auferstand,
    dem Vater und dem Geist zugleich
    durch alle Zeit und Ewigkeit. Amen.


    Nach: Chorus novae Ierusalem; Fulbert von Chartres, † 1029

  • Ostertag


    Frühmorgens, da die Sonn aufgeht,
    mein Heiland Christus aufersteht.
    Vertrieben ist der Sünden Nacht,
    Licht, Heil und Leben wiederbracht.
    Halleluja.


    Wenn ich des Nachts oft lieg in Not,
    verschlossen, gleich als wär ich tot,
    lässt du mir früh die Gnadensonn
    aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn.
    Halleluja.

    Nicht mehr als nur drei Tage lang
    mein Heiland bleibt ins Todes Zwang;
    am dritten Tag durchs Grab er dringt,
    mit Ehr sein Siegesfähnlein schwingt.
    Halleluja.

    Jetzt ist der Tag, da mich die Welt
    mit Schmach am Kreuz gefangen hält;
    drauf folgt der Sabbat in dem Grab,
    darin ich Ruh und Frieden hab.
    Halleluja.

    In kurzem wach ich fröhlich auf,
    mein Ostertag ist schon im Lauf;
    ich wach auf durch des Herren Stimm,
    veracht den Tod mit seinem Grimm.
    Halleluja.

    Johann Heermann, 1630

    Quelle: Magnificat – das Stundenbuch, 29.4.2025, Hymnus zum Morgengebet

  • Auferstehung bei -40°

    Friedhofsspaziergänge haben auch etwas Philosophisches

    Tatjana Kuschtewskaja ist eine russische Schriftstellerin, die in Deutschland lebt.
    Sie wurde international bekannt durch ihr Buch „Hier liegt Freund Puschkin. Spaziergänge auf russischen Friedhöfen“.

    Darin beschreibt sie unter anderem die russische Trauer- und Friedhofskultur – auch aus philosophischer Perspektive.

    „Jetzt kann er ganz gewiss auferstehen“

    Die russisch-religiöse Philosophie des 19. Jahrhunderts um Vladimir Solovjov (1853–1900) formulierte den Anspruch, dass Tote überall so begraben werden sollten, dass sie jederzeit – in Analogie zu Jesus – wiederauferstehen können.

    Ein Mann konnte im hohen Norden bei minus 40 Grad lediglich eine Grabstelle von einem Meter Tiefe ausheben. Deshalb schlug ein Freund des Verstorbenen vor, Sprengstoff zu Hilfe zu nehmen, und so wurde Dynamit zur Explosion gebracht. Dann glättete man den Boden im Grab und bestattete den Leichnam.

    Als die Grube bereits zugeschüttet war, fiel einem Anwesenden ein, dass sie vergessen hatten, die Füße des Verstorbenen loszubinden. „Wie soll er da auferstehen?“, beklagten sich einige Trauergäste. „Die Bänder werden ihn im ewigen Eis festhalten.“

    Auf dem Friedhof war es so bitterkalt, dass selbst das Atmen schmerzte. Trotzdem wurde das Grab wieder geöffnet. Man löste die Bänder des Verstorbenen – und schloss das Grab erneut.

    Trotz der Kälte bekreuzigten sich alle Anwesenden erleichtert und murmelten:
    „Jetzt kann er ganz gewiss auferstehen.“