Süßes oder Saures? – Jedenfalls siegt die Liebe

Wenn der Herbst sich neigt, rückt eine besondere Zeit des Jahres heran: Tage zwischen Nebel und Licht, zwischen Erinnerung und Hoffnung. Vier Feste liegen nun eng beieinander – und sie erzählen, jedes auf seine Weise, vom Leben, vom Tod und von der Liebe, die beides verbindet.

Wien, am 31.10.2025, Harald R. Preyer

Halloween – der Abend der offenen Grenze

Am 31. Oktober feiern viele Menschen Halloween, den „All Hallows’ Eve“, also den Abend vor Allerheiligen. Ursprünglich war dies das keltische Samhain-Fest, das den Übergang in die dunkle Jahreszeit markierte. Man glaubte, in dieser Nacht könnten die Seelen der Verstorbenen zur Erde zurückkehren. Um ihnen wohlgesinnt zu sein, stellte man Speisen vor die Türen – Zeichen der Achtung und des Gebets.

Später entstand in Irland und England daraus das sogenannte „Souling“: Kinder und Arme zogen von Haus zu Haus, baten um kleine Gaben und versprachen, für die Verstorbenen der Familie zu beten. Das amerikanische „Trick or Treat“ – „Süßes oder Saures“ – ist die spielerische Fortsetzung dieses alten Brauchs. Was einst ein Akt des Teilens und der Fürbitte war, wurde zum fröhlichen Ritual des Schenkens und Lachens.

Natürlich hat der Kommerz heute vieles überdeckt. Doch man darf das auch milde sehen: Wenn Kinder mit Freude und Mut durch die Dunkelheit ziehen, tragen sie – ohne es zu wissen – ein uraltes Symbol weiter. Licht besiegt Angst. Lachen vertreibt die Finsternis.

Allerheiligen – die große Gemeinschaft der Liebe

Am 1. November feiert die Kirche das Hochfest Allerheiligen. Eingeführt wurde es von Papst Gregor III. (731–741), der in Rom eine Kapelle allen Heiligen weihte, „deren Namen nur Gott kennt“. Dieser Tag ehrt alle Menschen, die in Güte und Liebe gelebt haben – nicht nur die großen Gestalten, sondern auch die stillen, unscheinbaren. Heiligkeit ist keine Ausnahme, sondern Berufung.

Allerseelen – das Gebet, das verbindet

Am 2. November betet die Kirche für die Verstorbenen, die – so der Glaube – noch auf dem Weg zur Vollendung sind. Kerzen auf den Gräbern erinnern daran: Unsere Liebe begleitet sie. Allerseelen ist kein Tag der Traurigkeit, sondern der Verbundenheit – ein stilles Fest der Hoffnung, dass niemand verloren geht.


Der Heilige Martin – Licht, das sich teilt

Am 11. November schließlich ziehen Kinder mit Laternen – nicht zu Halloween, sondern zum Fest des Heiligen Martin von Tours. Der römische Soldat, der seinen Mantel mit einem Bettler teilte, ist zum Sinnbild gelebter Nächstenliebe geworden. Sein Licht entsteht, wo wir teilen.

So gesehen gehören diese vier Feste innerlich zusammen:
Halloween öffnet den Blick für das Geheimnis von Leben und Tod, Allerheiligen feiert die Vollendung in Gott, Allerseelen hält die Liebe lebendig, und Sankt Martin zeigt, wie diese Liebe im Alltag Gestalt gewinnt.

Und vielleicht gilt am Ende nur dies:
Ob Süßes oder Saures – entscheidend ist die Liebe.