zum 28. Sonntag im Jahreskreis C (12. Oktober 2025)
Lukas 17, 11–19 – Die zehn Aussätzigen
✦ von Kardinal Christoph Schönborn
Erbarmen und Dankbarkeit – das sind die beiden großen Themen dieses Evangeliums.
Zehn Aussätzige rufen von Ferne: „Meister, hab Erbarmen mit uns!“ – ausgeschlossen, gefürchtet, zum sicheren Tod verurteilt. Jesus überschreitet die unsichtbare Grenze zwischen „rein“ und „unrein“. Er hört den Ruf, sieht die Not und schenkt Heilung.
Doch nur einer kehrt zurück, um zu danken – ein Fremder, ein Samariter.
Dankbarkeit ist mehr als eine Höflichkeitsform. Sie ist ein Akt des Glaubens, ein Erkennen, dass alles Geschenk ist.
Jesus fragt: „Wo sind die neun?“ – eine Frage, die uns alle betrifft.
Wir bitten oft um Hilfe, doch vergessen wir, zu danken, wenn sie kommt.
Dankbarkeit und Erbarmen gehören zusammen:
Wer Erbarmen erfährt, wird dankbar,
wer dankbar ist, lernt barmherzig zu sein.
So wird der Samariter zum Bild des Glaubenden, dem Jesus sagt:
„Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“
✦ von P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB
Auch P. Johannes Paul sieht in diesem Evangelium ein Bild für das Sakrament der Versöhnung.
Die zehn Aussätzigen stehen für uns Menschen, die sich ihrer Lieblosigkeiten bewusst werden müssen.
Bevor Heilung geschieht, braucht es Bewusstsein, Bekenntnis und Vertrauen.
So wie die Aussätzigen von Ferne rufen „Hab Erbarmen mit uns“, so spricht der Mensch in der Beichte zu Jesus.
Alle zehn glauben, bevor sie geheilt sind – sie gehorchen Jesu Wort und werden auf dem Weg gesund.
Nur einer aber kehrt zurück, um zu danken. Er tut nicht nur das Gebotene, er feiert die Begegnung.
Darum wird er zum Zeichen für lebendige Spiritualität:
Nicht das Ritual rettet, sondern das Herz, das versteht, was es tut.
Die Beichte ist für P. Johannes Paul das Sakrament der Liebe trotz allem – nicht der Angst, sondern des Vertrauens.
„Vergeben heißt: trotzdem lieben.“
Gott liebt uns trotz unserer Lieblosigkeiten.
Und wer das hört, wird frei und dankbar.
✦ von Domkurat Dr. Johannes J. Kreier
Domkurat Dr. Johannes J. Kreier hob in seiner heutigen Ansprache besonders den Satz Jesu hervor:
„Steh auf und geh!“
Er erklärte den griechischen Begriff ἀνάστασις (anástasis), von dem dieses „Aufstehen“ kommt – derselbe Wortstamm wie in Atanasia (ἀθανασία), dem Ausdruck für Unsterblichkeit.
Damit deutet er das Wort Jesu nicht nur als körperliches Aufstehen, sondern als Hinweis auf das ewige Leben:
Wer im Glauben aufsteht, steht bereits auf zu einem neuen, unvergänglichen Leben in Gott.