Schlagwort: Maria

  • Salve regina

    Salve, Regina, mater misericordiae;
    vita, dulcedo et spes nostra, salve.
    Ad te clamamus, exsules filii Evae.
    Ad te suspiramus, gementes et flentes
    in hac lacrimarum valle.

    Eia ergo, advocata nostra,
    illos tuos misericordes oculos
    ad nos converte.
    Et Iesum, benedictum fructum ventris tui,
    nobis post hoc exsilium ostende.
    O clemens, o pia, o dulcis Virgo Maria.

    Sei gegrüßt, o Königin,
    Mutter der Barmherzigkeit;
    unser Leben, unsre Wonne
    und unsre Hoffnung, sei gegrüßt!
    Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas;
    zu dir seufzen wir
    trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen.

    Wohlan denn, unsre Fürsprecherin,
    wende deine barmherzigen Augen uns zu
    und nach diesem Elend zeige uns Jesus,
    die gebenedeite Frucht deines Leibes!
    O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria!

  • Weihetag der Lateranbasilika

    Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB am 9.11.2025


    Kirchweihfest

    Am 9. November, ganz gleich, auf welchen Wochentag dieses Datum fällt, feiern wir das Kirchweihfest der Lateranbasilika.
    Diese Kirche in Rom ist der eigentliche Bischofssitz des Papstes. Viele glauben, der Petersdom sei die Hauptkirche des Papstes – aber das stimmt nicht. Der Petersdom ist sozusagen die Hauskapelle des Papstes, sein eigentlicher Sitz, seine Kathedra, befindet sich in der Lateranbasilika. Auf ihrer Fassade steht in großen Buchstaben:
    „Mater et Caput, Urbis et Orbis“ – Mutter und Haupt der Stadt und des Erdkreises.
    Darum feiern wir Christen auf der ganzen Welt jedes Jahr am 9. November das Weihefest dieser Kirche, die uns an die Einheit der Kirche erinnert.

    Wenn wir an Kirchweih denken, meinen wir natürlich nicht nur ein Gebäude aus Ziegeln. In der ersten Lesung haben wir vom Tempel gehört – einem Bau aus Steinen. Das Schöne an dieser Lesung ist das Bild, wie aus dem Tempel ein Strom von lebendigem Wasser fließt. An einer anderen Stelle im Alten Testament fließt ein solcher Strom nach Jerusalem hinein. Es gibt also beides – und beides sind schöne Bilder, die auf etwas Tieferes hinweisen.
    Das lebendige Wasser bedeutet Frieden und Leben.
    Wenn wir den Tempel als Bild für die Gemeinschaft der Glaubenden verstehen, heißt das: Aus jeder echten Gemeinschaft fließt Leben, fließt Frieden. So ähnlich haben wir das auch in der zweiten Lesung aus dem ersten Korintherbrief gehört.

    Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth, dass wir Tempel Gottes sind. Damit meint er nicht nur die Gemeinschaft insgesamt, sondern jeden Einzelnen. Gott wohnt in dir. Wir Katholiken kennen dieses Verständnis von der Gegenwart Gottes im Allerheiligsten Sakrament.
    Im Alten Testament war die Bundeslade Zeichen der Gegenwart Gottes, ebenso der Weihrauch, der an die Rauchsäule erinnert, die Israel durch die Wüste führte. Darum geht in unseren Prozessionen der Weihrauch vor dem Kreuz – als Symbol dieser Wolkensäule, die das Volk in das verheißene Land führte.

    Als Salomo den Tempel einweihte, wurde er vom Rauch erfüllt – so stark, dass man nichts mehr sehen konnte. Diese Erfüllung mit der Gegenwart Gottes ist bis heute ein starkes Bild, das wir in der Liturgie bewahren. Zum Beispiel bei einem Begräbnis: Wenn der Priester den Sarg mit Weihrauch beweihräuchert, spricht er:
    „Dein Leib war Gottes Tempel.“
    Das bedeutet: Dein Leib war erfüllt von der Gegenwart Gottes – so wie einst der Tempel. Und so kann man weiterbeten:
    „Der Herr erfülle dich jetzt mit seiner Gegenwart von ewiger Freude.“

    So zeigt sich: Es geht im Glauben nicht um das Äußere, sondern um das Innere. Wenn wir Tempel Gottes sind, beherbergen wir Christus selbst. Jeder Einzelne und wir alle gemeinsam sind eine Gemeinschaft, aus der Frieden und Leben fließen.
    Das geschieht durch die Liebe zu Gott und zum Nächsten.
    Klingt leicht – ist aber nicht leicht. Niemand verlangt, dass wir darin perfekt sind, aber wir spüren: Es tut uns gut, wenn es uns gelingt. Darum tragen wir die Sehnsucht in uns, es immer wieder zu versuchen.
    In diesen Tagen haben wir den heiligen Martin und die heilige Elisabeth als Vorbilder, Heilige der Nächstenliebe.

    Ein Wort noch zum Ausdruck „Mutterkirche“: Dieses Bild wird auch heute in der Präfation, also kurz vor dem „Heilig“, erwähnt. Die Kirche ist Mutter, aber zugleich auch Braut. Da denken wir an Maria.

    Die Glaubenskongregation in Rom hat vor kurzem verkündet, dass man nicht mehr sagen soll, Maria sei „Miterlöserin“ – Co-Redemptrix. Das hat einige durcheinandergebracht. Im deutschen Sprachraum brauchen wir uns darüber keine Sorgen zu machen, denn bei uns bedeutet Miterlöserin nicht, dass Maria auf gleicher Ebene mit Christus steht.
    In den anderen Sprachen aber klingt das Wort „con“ – also con-Redemptrix – nach Gleichrangigkeit, und das musste klargestellt werden.

    Ein Beispiel: Ein Priester, der mit einem anderen konzelebriert, ist ein Konzelebrant – also gleichrangig. Das ist bei Maria nicht so. Sie ist nicht gleichrangig, sondern Miterlöserin, weil sie Mutter und Mitwissende ist.
    Sie wusste, was ihr Sohn erleiden würde, und sie hat zugestimmt.
    In diesem Sinn ist sie Miterlöserin durch Mittragen und Mitlieben.

    Darum: Keine Sorge über das vatikanische Dekret – in den anderen Sprachen ist es eine gute Klärung, dass Maria nicht identisch mit Jesus, sondern Teil seines Erlösungswerkes ist.

    Wir sind als Gemeinschaft Kirche – Mutterkirche.
    Die Mutter gebiert Kinder, deswegen gibt es Taufen.
    Und das ist alles, was wir heute feiern:
    Die Gemeinschaft der Gläubigen, aus der Friede ausströmt, weil sie Gott und den Nächsten lieben.

    Amen.


    2. Zusammenfassung

    P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB erklärt zum Weihetag der Lateranbasilika, dass diese Kirche der eigentliche Bischofssitz des Papstes ist und für alle Christen Symbol der Einheit der Kirche.
    Er deutet die biblischen Lesungen als Hinweis darauf, dass nicht Steine, sondern Menschen der wahre Tempel Gottes sind – aus deren Herzen wie aus dem Tempel Salomos das „lebendige Wasser“ des Friedens und der Liebe fließt.
    Der Weihrauch erinnert an die Gegenwart Gottes und an die Würde des menschlichen Leibes als Wohnort des Heiligen Geistes.
    Als Christen sind wir berufen, Träger dieses Friedens zu sein, indem wir Gott und den Nächsten lieben.
    Schließlich erläutert P. Johannes Paul die Entscheidung der Glaubenskongregation, Maria nicht mehr Co-Redemptrix zu nennen: Sie ist keine gleichrangige Erlöserin, sondern Miterlöserin durch Mittragen und Mitlieben.
    So wird die Kirche als „Mutter“ verstanden, aus der neues Leben strömt – sichtbar in der Taufe und in jeder Gemeinschaft, die aus Liebe lebt.

  • Sei gegrüsst, Du heilige Mutter

    Sei gegrüßt, die den König gebar,
    du heilige Mutter,
    ihn, der Himmel und Erde erhält
    im Wandel der Zeiten,
    dessen Walten das All umfasst
    mit ewigem Kreise,
    dessen Reich ohne Ende besteht:
    Dein seliger Leib hat
    Freuden der Mutter gepaart
    mit reiner Ehre der Jungfrau,
    dir, der keine je glich,
    wird keine fürderhin gleichen,
    denn vor allen Frauen erwählte dich,
    Einzige, Christus.

    Nach: Salve, sancta parens; Sedulius, † um 450

  • Marta, Marta…

    „Was hat Marta falsch gemacht?“ – das hätte ich Jesus auch gerne gefragt. P. Johannes Paul Abrahamowicz gibt darauf heute eine klare Antwort.

    Aus dem hl. Evangelium nach Lukas    

    In jener Zeit kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
    Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
    Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.

    Lk 10, 38–42

    Predigt im Originalton

  • Der Beistand

    Wir sind nicht allein. Der Beistand ist schon da. Der Heilige Geist ist nicht bloß ein Symbol für Kraft oder Trost – er ist Beziehung. Ein Teil Gottes. Und Gott ist die Liebe.

    Christus sendet den Geist, Ingeborg-Psalter, Nordost-Frankreich um 1200, Chantilly, Musée Condé, Ms. 9 olim 1695, fol. 32v, © BPK / RMN

    In dieser Miniatur, entstanden um 1200, strömen dreizehn Feuerzungen über die Köpfe der Urgemeinde. Maria sitzt in der Mitte, gekrönt, mit einem blauen Buch in den Händen – der Kirche gleich, empfängt sie das Geschenk von oben. Über allem: Christus, der Herr, der segnet und sendet.

    Es ist kein ferner Mythos. Es ist eine Einladung:

    Der Geist des Herrn fällt nicht vom Himmel – er ist schon da. Wir können ihm vertrauen. Der Gegenwart Gottes in uns.
    (Heinz Detlef Stäps)

    Wer geliebt hat, weiß: Die Liebe bleibt.
    Wer trauert, ahnt: Der Geist weht, wenn alles still steht.
    Wer betet, spürt: In der Zärtlichkeit Gottes lebt auch die Kraft, die uns aufrichtet.

    Lassen wir uns stärken.
    Lassen wir uns senden.
    Lassen wir uns lieben.

    Das Bild ist die Titelseite von Magnificat – das Stundenbuch vom Juni 2025.

  • Dein Wille geschehe

    Homilie von P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB, Stift Göttweig am Karfreitag 2025

    Möglicherweise fehlerhaft transkribiert von Harald R. Preyer.

    „Dein Wille geschehe“, sagt Jesus, und das unter Todesangst. Aber genau durch dieses „Dein Wille geschehe!“, fasst er wieder Mut. Denn er weiß, wenn der Wille des Vaters geschieht, wird alles gut. Jesus bekommt nicht bloß emotional neuen Mut, sondern existenziell. Er erfährt jene innere Kraft, die ihm sagt, dass er weitergehen soll, und zwar über den Tod hinaus.

    Dein Wille geschehe. Wo hat Jesus diese Geisteshaltung her? Ganz einfach. Er hat im Laufe seines Lebens immer wieder erfahren, dass er sich auf den Vater verlassen kann. Und wann hat er damit angefangen? Vermutlich schon als Kleinkind. Im Judentum galt nämlich damals bis heute, dass du Jude bist, wenn deine Mutter Jüdin ist. Wieso die Mutter und nicht der Vater? Wieso nicht beide? Weil die Mütter am meisten mit ihren Kleinkindern beisammen sind, ihnen von Anfang an die wichtigsten Dinge beibringen und eben auch das Beten.

    Dein Wille geschehe. Hat Maria das nicht schon gebetet? Der kleine Jesus war da noch gar nicht geboren. Der könnte dieses Gebet von ihr gelernt haben. Vielleicht hat sie einmal ihrem kleinen Jeschua erzählt, was sie gesagt hat zu der Stimme, die zu ihr gesprochen hat: Dein Wille geschehe. Dann wird alles gut. Obwohl sie wusste, dass sie als einzige schwangere Frau möglicherweise gekreuzigt wird. Aber siehe – ihr Gebet wurde erfüllt. Sie wurde nicht gekreuzigt. Warum nicht? Weil Josef ihr treu geblieben ist. Und er ist ihr treu geblieben, weil auch er sich dem Willen Gottes überlassen hat.

    Dreißig Jahre später sagen zwölf Jünger zu ihrem Rabbi Jesus: Meister, lehre uns beten. Und dann denkt er sich ein Gebet aus, extra für sie. Er vertraut ihnen das Gebet zum Vater an und lehrt sie zu beten, dass das Reich Gottes komme, dass Dein Wille geschehe, und dass sie um das tägliche Brot beten, um die Vergebung der Schuld und um die Erlösung vom Bösen. Vielleicht hat er damals, bei dieser Bitte Dein Wille geschehe, ganz bewusst die Erinnerung an seine Mutter in dieses Gebet einfließen lassen und so ihre großartige Offenheit für den Willen Gottes als ein Kleinod in dieses Gebet hineingelegt.

    Wenn ich in einer Situation der Ungewissheit bin: Vater – Dein Wille geschehe. Und was passiert? Es bleibt die Entscheidungsnot, aber ich spüre wieder festen Halt und kann wieder mit kühlem Kopf entscheiden. Wenn ich in einer Situation der Angst bin: Vater – Dein Wille geschehe. Und das, was Angst gemacht hat, ist noch immer da – aber ich fürchte mich nicht mehr davor, sondern kann wieder frei denken und handeln. Wenn mich jemand ärgert: Vater – Dein Wille geschehe. Und er hört nicht auf, mich zu ärgern – aber er ärgert mich nicht mehr. Es ist vorbei für mich, und ich kann wieder weiterarbeiten. Dein Wille geschehe – denn was Du willst, ist sicher nur das Beste für mich.

    Dieses kurze Gebet ist ein hoher Ausdruck von Gottvertrauen – wenn nicht der höchste Ausdruck von Gottvertrauen überhaupt. Daher kann man sagen: Es wirkt zu hundert Prozent. Aber nur für jene, die Gott lieben. Dein Wille geschehe – es klingt wie ein Zauberwort in meinem Herzen. Aber nur, wenn ich Gott liebe. Wie heißt das Zauberwort mit zwei T? Man muss manchmal ungezogene Kinder fragen. Dann wissen sie plötzlich die Antwort und sagen: Bitte. Wie heißt das Zauberwort mit zwei L? Sagt uns das Jesus heute? Und jetzt wissen wir alle die Antwort: Dein Wille geschehe.

    Jesus sagt, dass er – in seiner Todesangst und in seiner neuen Kraft – trinkt, weil er den Vater liebt. Später, in der Ohrsache, die wir gerade gehört haben, sagt Jesus, dass er bereit ist, den Kelch zu trinken, den der Vater ihm reicht. Weil er den Vater liebt, vertraut er ihm. Ich bin bereit, den Kelch zu trinken. Ich bin bereit, diese Schande bis in den Tod zu ertragen. Nach anderen Evangelisten spricht Jesus am Kreuz Psalm 31, wo es heißt: Vater, in Deine Hände lege ich meinen Geist. Sterbend vertraut er sich liebevoll dem Vater an. Und der Vater holt seinen toten Sohn – aus lauter Liebe – aus dem Zustand des Todes heraus. Wenn es uns gelingt, in unserer Todesstunde zu sagen: Dein Wille geschehe, dann gehen wir hinüber in aller Seelenruhe.

    Aber für den Fall, dass ich Angst haben werde zu sterben und dieses Abschiedsgebet nicht mehr sprechen kann, sage ich jetzt zur Mutter Jesu, dass sie in der Stunde meines Todes für mich betet. Dann wird sie bei mir stehen, wie sie auch unter dem Kreuz ihres Sohnes gestanden ist. Und sie wird sicher nichts anderes sagen als ihr altmodisches Gebet. Aber in meinem Namen. Dann werde ich geistlich schon während des Übergangs auferstehen. Ich werde geistlich auferstehen, befreit von jedem Zweifel, ob Gott mir wirklich hilft. Aber nicht nur in unserer Todesstunde ist das Zauberwort ein Segen, sondern in allen schwachen Momenten unseres Lebens dürfen und können wir Dein Wille geschehe sagen. Und Heil empfangen. Heil von jedem Zweifel an der Liebe Gottes.

    Lasst uns in diesem Sinn jetzt zunächst die großen Fürbitten ehrlich sprechen und dann das Gebet der schwächsten Stunde Jesu beten – als seine stärkste Stunde. Weil er seine schwächste Stunde zur stärksten gemacht hat durch seinen Willen – am Kreuz. Als Symbol für diese schwächste und zugleich stärkste Stunde, die wir darbringen, nehmen wir sein Kreuz. Und wir bringen zugleich auch unser Kreuz dar. Alle unsere künftigen schwachen Stunden. Denn sie sind alle unsere große Chance, zum Vater zu sagen: „Dein Wille geschehe.“