Schlagwort: Leid

  • In der Liebe, die alles umfängt

    Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht
    und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,

    dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
    dann wohnt er schon in unserer Welt.
    Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
    in der Liebe, die alles umfängt.

    Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt,
    und die Not, die wir lindern, zur Freude wird,
    dann hat Gott unter uns …

    Wenn die Hand, die wir halten, uns selber hält,
    und das Kleid, das wir schenken, auch uns bedeckt,
    dann hat Gott unter uns …

    Wenn der Trost, den wir geben, uns weiterträgt,
    und der Schmerz, den wir teilen, zur Hoffnung wird,
    dann hat Gott unter uns …

    Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist,
    und der Tod, den wir sterben, vom Leben singt,
    dann hat Gott unter uns …

    Claus Peter März (1947 – 1921), © Rechtenachfolge – GL 470


    Screenshot von Magnificat – das Stundenbuch
    Ausgabe November 2025
    Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer

  • Kondolieren

    Schwestern und Brüder! Wir, die vielen, sind ein Leib in Christus, als Einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören.
    Wir haben unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade. Hat einer die Gabe prophetischer Rede, dann rede er in Übereinstimmung mit dem Glauben; hat einer die Gabe des Dienens, dann diene er. Wer zum Lehren berufen ist, der lehre; wer zum Trösten und Ermahnen berufen ist, der tröste und ermahne. Wer gibt, gebe ohne Hintergedanken; wer Vorsteher ist, setze sich eifrig ein; wer Barmherzigkeit übt, der tue es freudig.

    Die Liebe sei ohne Heuchelei. Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten! Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan, übertrefft euch in gegenseitiger Achtung! Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn!

    Freut euch in der Hoffnung, seid geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet! Nehmt Anteil an den Nöten der Heiligen; gewährt jederzeit Gastfreundschaft! Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht!

    Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden! Seid untereinander eines Sinnes; strebt nicht hoch hinaus, sondern bleibt demütig!

    Röm 12, 5–16a

    Vor allem der letzte Absatz dieser Schriftstelle erklärt ganz gut, was mit „kondolieren“ gemeint sein könnte: mitleiden, „mitschmerzen“, mitfreuen.

  • Gibt es Gott? – Was wir in der Trauer wissen wollen

    Gibt es Gott? Diese Frage stellt sich früher oder später jeder Mensch. Dr. Johannes Hartl, Theologe und Philosoph, bringt es in einem Gespräch auf den Punkt:

    „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“

    Hartl erklärt: Die Ordnung und Logik des Universums, unsere Fähigkeit zu denken und zu fragen, deuten darauf hin, dass es einen Urheber dieser Welt gibt. Das Universum sei kein reines Zufallsprodukt, sondern trage in seiner Gesetzmäßigkeit Spuren einer höheren Vernunft.

    Warum das Leiden uns zweifeln lässt

    Das stärkste Argument gegen Gott ist für Hartl das Leid in der Welt. Doch er sagt auch: Ohne Gott wird das Leiden nicht kleiner, sondern wir verlieren eine Quelle von Trost und Sinn.

    Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt unseres Lebens. Vielleicht hat Gott Gründe, warum er eine Welt mit der Möglichkeit von Leid erschafft – weil er uns Freiheit schenkt und Leben ermöglicht, das nicht nur von außen gesteuert ist.

    Religiöse Erfahrung – Ein Hinweis?

    Hartl verweist auf ein einfaches Bild:

    „Wir hätten keinen Durst, wenn es kein Wasser gäbe.“

    So könnte auch unser Sehnen nach Gott ein Hinweis darauf sein, dass es ihn gibt. Religiöse Erfahrungen sind Teil der Menschheitsgeschichte und geben vielen Menschen Halt.

    Glaube als Fundament

    Glaube ist kein mathematischer Beweis, sondern eine Entscheidung:

    • Lebe ich so, als wäre alles nur Zufall?
    • Oder lebe ich in dem Vertrauen, dass mich ein liebender Gott gewollt hat?

    Der Glaube, so Hartl, sei „die grundlegendste Einstellung, die unser Leben trägt.“

    Was bedeutet das für Trauernde?

    In Momenten des Abschieds kann diese Frage besonders drängen. Das Gespräch mit Dr. Hartl lädt dazu ein, Trost zu finden in der Möglichkeit, dass Gott existiert, uns kennt und trägt – gerade im Leid und in unserer Suche nach Sinn.


    🎥 Das Video ansehen:

    ➡️ Gibt es Gott? – mit Dr. Johannes Hartl (KIRCHE IN NOT)

  • Wozu gibt es Leid?

    Schon die Frage nach dem wozu? statt des warum? öffnet den Blick für Sinn – auch wenn sie das Dunkel nicht vollständig erhellt. Große Denkerinnen und Denker haben sich seit Jahrhunderten mit dieser existenziellen Frage beschäftigt. Ihre Antworten können auch heute noch trösten, stärken und den Horizont weiten.

    Und Musik kann dabei ein liebevoller Begleiter sein.


    Hiob (ca. 5. Jh. v. Chr.): Klage als Weg zu Gott
    Im biblischen Buch Hiob wird das Leid nicht beschönigt. Hiob klagt – laut, bitter, ehrlich. Und gerade diese Klage wird zur Begegnung mit Gott. Am Ende steht kein logisches Warum, sondern eine stille, tragende Beziehung.

    „Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.“ (Hiob 42,5)

    Musik-Tipp: J. S. Bach – „Ich habe genug“, BWV 82


    Jesus Christus (ca. 30 n. Chr.): Der Gott im Leid
    Für Christinnen und Christen ist Jesus der Inbegriff göttlicher Solidarität. Er flieht das Leid nicht, sondern nimmt es auf sich – aus Liebe. Am Kreuz stirbt nicht nur ein Mensch, sondern Gott mit uns. Die Auferstehung aber zeigt: Das Leid hat nicht das letzte Wort.

    „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.“ (Joh 16,33)

    Musik-Tipp: Pergolesi – Stabat Mater

    Boethius (480–524): Das Leid als Schule der Weisheit
    Der spätantike Philosoph Boethius schrieb im Gefängnis sein Werk Trost der Philosophie. Für ihn liegt im Unglück die Chance, sich von äußeren Sicherheiten zu lösen und sich dem Guten, Wahren und Göttlichen zuzuwenden. Leid wird so zur Einladung, sich an das zu erinnern, was wirklich zählt.

    „Nichts ist elender als ein Mensch, der das verloren hat, was ihn zum Menschen macht.“


    Elisabeth Kübler-Ross (1926–2004): Wachsen durch Krisen
    Die Sterbeforscherin betonte, dass das Leid ein Teil des Lebens ist – und ein Ort der Reifung. Ihre Phasenmodelle der Trauer helfen bis heute vielen Menschen, schrittweise wieder Vertrauen zu fassen.

    „Die schönsten Menschen, die wir kennen, sind jene, die das Leid kennengelernt haben.“

    Musik-Tipp: Mahler – Adagietto aus der 5. Symphonie


    Viktor E. Frankl (1905–1997): Freiheit und Sinn trotz allem
    Der Wiener Psychiater und KZ-Überlebende erkannte: Der Mensch ist auch im Leid frei – nicht in den Umständen, aber in seiner inneren Haltung. Wer dem Leben trotz allem einen Sinn abgewinnt, bleibt innerlich ungebrochen.

    „Das Leben ist sinnvoll – immer, unter allen Umständen.“

    Frankls Logotherapie lädt ein, Leid nicht nur zu ertragen, sondern zu verwandeln – in Mitgefühl, Verantwortung und Tiefe.

    Musik-Tipp: Mendelssohn: 4. Sinfonie (»Italienische«)


    Und wir?
    Leid bleibt ein Geheimnis. Doch die Stimmen der Geschichte laden ein: nicht zu verzweifeln, sondern zu vertrauen. Und womöglich – ganz langsam – zu wachsen.

    Nicht das Leid macht bitter – sondern das Alleinsein im Leid. Gott ist immer da. Wer gut begleitet wird, kann ihn spüren.