Schlagwort: Kunst

  • Trauerrede für Beethoven

    Wenn man das Grab nicht kennt, in dem er Ruh erworben

    von Franz Grillparzer

    Wenn man das Grab nicht kennt, in dem er Ruh erworben,
    wen, Freunde, ängstet das? Ist er doch nicht gestorben!
    Er lebt in aller Herzen, aller Sinn
    und schreitet jetzt durch unsre Reihen hin.

    Deshalb dem Lebenden, der sich am Dasein freute,
    ihm sei kein leblos Totenopfer heute.
    Hebt auf das Glas, das Mut und Frohsinn gibt,
    und sprecht, es leerend, wie ers selbst geliebt:

    »Dem großen Meister in dem Reich der Töne,
    der nie zu wenig tat und nie zu viel,
    der stets erreicht, nie überschritt sein Ziel,
    das mit ihm eins und einig war: das Schöne!«

    Ehrengrab Ludwig van Beethoven, Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32A, Grab 29). Die hohe weiße Obelisk‑Stele mit goldener Lyra markiert die letzte Ruhestätte eines der größten Komponisten der Musikgeschichte.

    Dieses ergreifende Gedicht stammt aus der Feder von Franz Grillparzer (1791–1872). Es war ursprünglich Teil seiner Rede zur Beisetzung Ludwig van Beethovens (1770–1827), gehalten am 29. März 1827 auf dem damaligen Währinger Ortsfriedhof in Wien.

    Ehrengrab Franz Grillparzer, Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32A, Grab 14). Der bedeutende Dichter ruht unweit von Beethoven, Schubert & Co. – mitten im Komponistenfeld des Zentralfriedhofs.

    Grillparzer, selbst ein Meister des Wortes, würdigte mit diesen Zeilen einen Meister der Töne. Er sprach nicht von Trauer, sondern von bleibender Gegenwart, nicht von Tod, sondern von Schönheit, Kunst und Ewigkeit.

    Beethoven wurde später auf den Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32A) umgebettet – in der Nähe seines musikalischen Bruders Franz Schubert. Auch Grillparzer fand dort seine letzte Ruhe – nur wenige Schritte entfernt.

    Die Inspiration zu diesem Posting verdanke ich einem Gespräch mit Barbara M. Fischer, die mir das Gedicht mit feinem Gespür für Sprache und Gefühle in Erinnerung rief. Danke dafür.

    Die beiden Fotos der Ehrengräber hat Hedwig Abraham gemacht, die mich 2024 mit Ihrem Fachwissen beeindruckt und durch den Zentralfriedhof geführt hat. Ich halte sie für eine hochkompetente und besonders engagierte Führerin durch Wien.

  • Letzte Zuflucht Malerei

    Was Trauerredner von Matthew Wong und Vincent van Gogh lernen können

    Einführung

    Die Ausstellung „Matthew Wong – Vincent van Gogh: Letzte Zuflucht Malerei“ in der Wiener Albertina (14. Februar – 19. Juni 2025) bringt zwei Künstler zusammen, deren Leben und Werk von innerer Zerrissenheit, Sehnsucht und der Suche nach Trost geprägt sind. Für meine Arbeit als Trauerredner bietet diese Gegenüberstellung wertvolle Impulse, um über Verlust, Hoffnung und die heilende Kraft der Kunst zu reflektieren.

    Matthew Wong: Malerei als Therapie

    Matthew Wong (1984–2019) war ein kanadischer Maler, der sich autodidaktisch der Kunst näherte. Geboren in Toronto und aufgewachsen in Hongkong, litt er an Autismus, Tourette-Syndrom und Depressionen. Er begann erst in seinen späten Zwanzigern zu malen, fand jedoch schnell Anerkennung für seine leuchtenden, melancholischen Landschaften.Wongs Werke, oft in intensiven Blau- und Orangetönen gehalten, spiegeln eine tiefe Sehnsucht nach Verbindung und Trost wider. Seine Malerei diente ihm als Zufluchtsort, ein Mittel, um seine inneren Kämpfe zu verarbeiten.Tragischerweise nahm er sich 2019 im Alter von 35 Jahren das Leben. 

    Vincent van Gogh: Die spirituelle Dimension der Kunst

    Vincent van Gogh (1853–1890) ist einer der bekanntesten Post-Impressionisten. Geboren in den Niederlanden, begann er erst mit 27 Jahren zu malen. Seine Werke zeichnen sich durch kräftige Farben und expressive Pinselstriche aus. Van Gogh kämpfte zeitlebens mit psychischen Problemen und verbrachte Zeit in psychiatrischen Einrichtungen. Trotz seiner inneren Turbulenzen fand er in der Natur und der Malerei eine spirituelle Zuflucht. Seine berühmten Werke wie „Sternennacht“ und „Sonnenblumen“ zeugen von seiner tiefen Verbindung zur Welt um ihn herum. 

    Die Ausstellung: Eine Begegnung zweier Seelen

    Die Albertina präsentiert in dieser Ausstellung rund 44 Gemälde und 12 Arbeiten auf Papier von Matthew Wong, ergänzt durch ausgewählte Werke von Vincent van Gogh. Die Gegenüberstellung zeigt, wie beide Künstler die Malerei als letzten Zufluchtsort nutzten. Wongs Werke erinnern in ihrer Farbgebung und Thematik an Van Gogh, doch während Van Gogh in der Natur Trost fand, schuf Wong imaginäre Landschaften, die seine innere Welt widerspiegeln.

    https://www.albertina.at/ausstellungen/wong-van-gogh

    Impulse für Trauerredner

    1. Die heilende Kraft der Kunst: Sowohl Wong als auch Van Gogh nutzten die Malerei, um ihre inneren Schmerzen zu verarbeiten. Dies zeigt, wie kreative Ausdrucksformen helfen können, mit Trauer und Verlust umzugehen.
    2. Die Suche nach Verbindung: Wongs Werke spiegeln eine tiefe Sehnsucht nach Verbindung wider. In Trauerreden kann dies als Metapher für die menschliche Suche nach Nähe und Verständnis dienen.
    3. Die spirituelle Dimension des Abschieds: Van Goghs Werke zeigen eine tiefe spirituelle Verbundenheit mit der Natur. Dies kann Trauernden helfen, Trost in der Welt um sie herum zu finden.
    4. Die Bedeutung des Erinnerns: Beide Künstler wurden posthum für ihre Werke anerkannt. Dies unterstreicht die Bedeutung, das Leben und die Erinnerungen an Verstorbene zu bewahren und zu ehren.

    Die Ausstellung „Letzte Zuflucht Malerei“ bietet nicht nur einen tiefen Einblick in das Schaffen zweier außergewöhnlicher Künstler, sondern auch wertvolle Impulse für Trauerredner. Sie zeigt, wie Kunst helfen kann, mit Verlust umzugehen, Trost zu finden und die Erinnerung an Verstorbene lebendig zu halten.

    „Die Malerei ist für mich ein Mittel, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.“ – Matthew Wong