Schlagwort: Fronleichnam

  • Der wahre Schatz des Schreins

    Gedanken zu Fronleichnam

    „Nicht der Ort ist das, was letztlich zählt;
    was man spürt, ist das, was bleibt.“

    (Taoistische Meditation, Tag 170 – Schrein)

    Wenn wir an Fronleichnam das Allerheiligste in goldener Monstranz durch die Straßen tragen, dann ehren wir nicht einfach einen Schrein. Wir ehren eine Gegenwart, die uns innerlich berührt.

    Wie im Taoismus der Schrein nicht bloß ein exotischer Ort ist, sondern ein Spiegel des Herzens, so ist auch Fronleichnam kein Spektakel, sondern eine Einladung: 

    Gott wohnt unter uns. In uns.

    Wurzel Jesse Monstranz, Dom Museum Wien

    Ob du den Schrein im Tao oder das Allerheiligste in der katholischen Liturgie suchst – beide feiern das Heilige als Gegenwart. Was zählt, ist nicht, wohin du gehst, sondern wie du gehstMit offenem Herzen.

    Alltagssorgen fallen auf den kristallenen Boden.
    Buchstaben aus Feuer zeigen sich in der Luft.
    Und erscheinen wieder in deinem Herzen.

    Deng, Ming-Dao. 365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres

    Dann geschieht Wandlung.
    In der Trauer wie im Glauben gibt es heilige Orte.
    Nicht, weil sie geweiht sind –
    sondern weil sie uns verwandeln.

  • Gebt Ihr ihnen zu essen

    Gedanken zu Fronleichnam

    Dieses Bild begleitet mich an Fronleichnam – ebenso wie die Worte von Kardinal Christoph Schönborn:

    „Der ganze Aufwand, aller Schmuck an Blumen, alle die Festlichkeit haben nur diesen einen Sinn: Dass hier Jesus selber gegenwärtig ist.“

    Gezeigt ist die Speisung der Fünftausend: Ein Wunder, das in allen vier Evangelien überliefert ist. Aus nur fünf Broten und zwei Fischen werden Tausende satt – weil ein Kind teilt, weil Jesus segnet, weil die Jünger weitergeben. Das scheinbar Unmögliche wird möglich. Und: Es bleibt noch übrig.

    Ikonendarstellung der Speisung der Fünftausend. In der Mitte steht Christus, zweimal dargestellt – beim Entgegennehmen und Austeilen der Brote. Links kniet ein Junge mit fünf Broten und zwei Fischen. Rechts empfangen die Menschen das Wunder des Überflusses.

    Das Spruchband in rumänischer Sprache über der Szene lautet:

    „Hristos binecuvântând pâinile“ – „Christus segnet die Brote“.

    Fronleichnam ist das Hochfest des „Leibes und Blutes Christi“ – ein Fest der Gegenwart Jesu in der Eucharistie. Das alte Wort „Fronleichnam“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen: vron = „des Herrn“ und lichnam = „lebendiger Leib“. Was wir am Gründonnerstag im Gedenken an das Letzte Abendmahl feiern, wird an Fronleichnam öffentlich bezeugt: Jesus Christus ist mitten unter uns – lebendig und gegenwärtig im gewandelten Brot.

    So ist auch das Evangelium dieses Tages mehr als eine Erinnerung. Es ist ein Auftrag:

    „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Lk 9,13)

    Für mich bedeutet das: Ich teile, was ich habe. Worte, Zeit, Trost. In der Hoffnung, dass Christus selbst gegenwärtig ist, wenn wir in seinem Namen handeln.