Schlagwort: Eucharistie

  • Edith Steins stille Mystik

    Manchmal begegnet mir ein Text, der einfach bleibt.
    So ist es oft bei Edith Stein.
    Ihre Mystik spricht leise – und trifft trotzdem tief.
    Mehr kann ich gar nicht erklären.
    Ich staune einfach.


    Es bleibt das Band

    Du senkst voll Liebe deinen Blick in meinen
    und neigst dein Ohr zu meinen leisen Worten
    und füllst mit Frieden tief das Herz.
    Doch deine Liebe findet kein Genügen
    in diesem Austausch, der noch Trennung lässt:
    Das Herz verlangt nach mehr.

    Du kommst als Frühmahl zu mir jeden Morgen,
    dein Fleisch und Blut wird mir zu Trank und Speise
    und Wunderbares wird gewirkt.
    Dein Leib durchdringt geheimnisvoll den meinen,
    und deine Seele eint sich mit der meinen:
    Ich bin nicht mehr, was einst ich war.

    Du kommst und gehst, doch bleibt zurück die Saat,
    die du gesät zu künft’ger Herrlichkeit,
    verborgen in dem Leib von Staub.
    Es bleibt ein Glanz des Himmels in der Seele,
    es bleibt ein tiefes Leuchten in den Augen,
    ein Schweben in der Stimme Klang.

    Es bleibt das Band, das Herz mit Herz verbindet,
    der Lebensstrom, der aus dem deinen quillt
    und jedes Glied belebt.

    Edith Stein (1891–1942)


    Edith Stein war jüdische Philosophin, konvertierte Christin und Karmelitin. Sie gehört zu den bedeutenden geistlichen Stimmen des 20. Jahrhunderts.
    Dieser Hymnus stammt aus ihrer frühen Zeit im Karmel und wurde in das Gotteslob – GL 980 (Anhang Hamburg, Hildesheim, Osnabrück) aufgenommen.

  • Weihetag der Lateranbasilika

    Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB am 9.11.2025


    Kirchweihfest

    Am 9. November, ganz gleich, auf welchen Wochentag dieses Datum fällt, feiern wir das Kirchweihfest der Lateranbasilika.
    Diese Kirche in Rom ist der eigentliche Bischofssitz des Papstes. Viele glauben, der Petersdom sei die Hauptkirche des Papstes – aber das stimmt nicht. Der Petersdom ist sozusagen die Hauskapelle des Papstes, sein eigentlicher Sitz, seine Kathedra, befindet sich in der Lateranbasilika. Auf ihrer Fassade steht in großen Buchstaben:
    „Mater et Caput, Urbis et Orbis“ – Mutter und Haupt der Stadt und des Erdkreises.
    Darum feiern wir Christen auf der ganzen Welt jedes Jahr am 9. November das Weihefest dieser Kirche, die uns an die Einheit der Kirche erinnert.

    Wenn wir an Kirchweih denken, meinen wir natürlich nicht nur ein Gebäude aus Ziegeln. In der ersten Lesung haben wir vom Tempel gehört – einem Bau aus Steinen. Das Schöne an dieser Lesung ist das Bild, wie aus dem Tempel ein Strom von lebendigem Wasser fließt. An einer anderen Stelle im Alten Testament fließt ein solcher Strom nach Jerusalem hinein. Es gibt also beides – und beides sind schöne Bilder, die auf etwas Tieferes hinweisen.
    Das lebendige Wasser bedeutet Frieden und Leben.
    Wenn wir den Tempel als Bild für die Gemeinschaft der Glaubenden verstehen, heißt das: Aus jeder echten Gemeinschaft fließt Leben, fließt Frieden. So ähnlich haben wir das auch in der zweiten Lesung aus dem ersten Korintherbrief gehört.

    Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth, dass wir Tempel Gottes sind. Damit meint er nicht nur die Gemeinschaft insgesamt, sondern jeden Einzelnen. Gott wohnt in dir. Wir Katholiken kennen dieses Verständnis von der Gegenwart Gottes im Allerheiligsten Sakrament.
    Im Alten Testament war die Bundeslade Zeichen der Gegenwart Gottes, ebenso der Weihrauch, der an die Rauchsäule erinnert, die Israel durch die Wüste führte. Darum geht in unseren Prozessionen der Weihrauch vor dem Kreuz – als Symbol dieser Wolkensäule, die das Volk in das verheißene Land führte.

    Als Salomo den Tempel einweihte, wurde er vom Rauch erfüllt – so stark, dass man nichts mehr sehen konnte. Diese Erfüllung mit der Gegenwart Gottes ist bis heute ein starkes Bild, das wir in der Liturgie bewahren. Zum Beispiel bei einem Begräbnis: Wenn der Priester den Sarg mit Weihrauch beweihräuchert, spricht er:
    „Dein Leib war Gottes Tempel.“
    Das bedeutet: Dein Leib war erfüllt von der Gegenwart Gottes – so wie einst der Tempel. Und so kann man weiterbeten:
    „Der Herr erfülle dich jetzt mit seiner Gegenwart von ewiger Freude.“

    So zeigt sich: Es geht im Glauben nicht um das Äußere, sondern um das Innere. Wenn wir Tempel Gottes sind, beherbergen wir Christus selbst. Jeder Einzelne und wir alle gemeinsam sind eine Gemeinschaft, aus der Frieden und Leben fließen.
    Das geschieht durch die Liebe zu Gott und zum Nächsten.
    Klingt leicht – ist aber nicht leicht. Niemand verlangt, dass wir darin perfekt sind, aber wir spüren: Es tut uns gut, wenn es uns gelingt. Darum tragen wir die Sehnsucht in uns, es immer wieder zu versuchen.
    In diesen Tagen haben wir den heiligen Martin und die heilige Elisabeth als Vorbilder, Heilige der Nächstenliebe.

    Ein Wort noch zum Ausdruck „Mutterkirche“: Dieses Bild wird auch heute in der Präfation, also kurz vor dem „Heilig“, erwähnt. Die Kirche ist Mutter, aber zugleich auch Braut. Da denken wir an Maria.

    Die Glaubenskongregation in Rom hat vor kurzem verkündet, dass man nicht mehr sagen soll, Maria sei „Miterlöserin“ – Co-Redemptrix. Das hat einige durcheinandergebracht. Im deutschen Sprachraum brauchen wir uns darüber keine Sorgen zu machen, denn bei uns bedeutet Miterlöserin nicht, dass Maria auf gleicher Ebene mit Christus steht.
    In den anderen Sprachen aber klingt das Wort „con“ – also con-Redemptrix – nach Gleichrangigkeit, und das musste klargestellt werden.

    Ein Beispiel: Ein Priester, der mit einem anderen konzelebriert, ist ein Konzelebrant – also gleichrangig. Das ist bei Maria nicht so. Sie ist nicht gleichrangig, sondern Miterlöserin, weil sie Mutter und Mitwissende ist.
    Sie wusste, was ihr Sohn erleiden würde, und sie hat zugestimmt.
    In diesem Sinn ist sie Miterlöserin durch Mittragen und Mitlieben.

    Darum: Keine Sorge über das vatikanische Dekret – in den anderen Sprachen ist es eine gute Klärung, dass Maria nicht identisch mit Jesus, sondern Teil seines Erlösungswerkes ist.

    Wir sind als Gemeinschaft Kirche – Mutterkirche.
    Die Mutter gebiert Kinder, deswegen gibt es Taufen.
    Und das ist alles, was wir heute feiern:
    Die Gemeinschaft der Gläubigen, aus der Friede ausströmt, weil sie Gott und den Nächsten lieben.

    Amen.


    2. Zusammenfassung

    P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB erklärt zum Weihetag der Lateranbasilika, dass diese Kirche der eigentliche Bischofssitz des Papstes ist und für alle Christen Symbol der Einheit der Kirche.
    Er deutet die biblischen Lesungen als Hinweis darauf, dass nicht Steine, sondern Menschen der wahre Tempel Gottes sind – aus deren Herzen wie aus dem Tempel Salomos das „lebendige Wasser“ des Friedens und der Liebe fließt.
    Der Weihrauch erinnert an die Gegenwart Gottes und an die Würde des menschlichen Leibes als Wohnort des Heiligen Geistes.
    Als Christen sind wir berufen, Träger dieses Friedens zu sein, indem wir Gott und den Nächsten lieben.
    Schließlich erläutert P. Johannes Paul die Entscheidung der Glaubenskongregation, Maria nicht mehr Co-Redemptrix zu nennen: Sie ist keine gleichrangige Erlöserin, sondern Miterlöserin durch Mittragen und Mitlieben.
    So wird die Kirche als „Mutter“ verstanden, aus der neues Leben strömt – sichtbar in der Taufe und in jeder Gemeinschaft, die aus Liebe lebt.

  • Aus Liebe

    Ursprünglich hätte es heute bei uns eine TK-Pizza geben sollen. Ich kam nach der Mittagsmesse im Stephansdom nach Hause, hörte diese Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz und habe mich dazu entschlossen, für meine geliebte Yuliya und mich Penne al arrabiatta mit frischen Tomaten, Knoblauch und Kräutern zu zaubern. Yuliya hat den Parmesan gerieben. Alles aus Liebe.

    Alles, was du tust, machst du deshalb schön, machst du deshalb gut, machst du deshalb vorsichtig, weil die Liebe zu diesem Menschen dich zu ihm bindet. Schon allein, was du wählst, was du heute kochen wirst, wie du das machst, wie du es zubereitest, was du aufdeckst.

    Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz

    Wir haben es heute römisch-katholisch gemacht und haben beide Lesungen genommen, wie es vorgeschrieben ist. Und es hätte zum Evangelium auch eine Kurzform gegeben. Und ich denke mal, es ist vielleicht besser, wir lassen dem Wort Gottes die lange Version und dafür im Menschenwort die Kurzform. Deswegen werde ich mich jetzt kurz halten.

    Worum geht es? Im Grunde genommen geht es in allen drei Schriftlesungen, die wir gehört haben, um die Bereitschaft – um die Bereitschaft, Gott zu erwarten, um die Bereitschaft, mit Gott zusammenzukommen, ihm zu begegnen.

    Aber wehe uns, wenn wir glauben, dass wir das machen müssen. Dann haben wir es schon verfehlt. Sondern wir wollen das machengetrieben von der Liebe Gottes. Das ist der Punkt von heute. Es ist ungefähr so, wie wenn du sagst: Da kommt ein ganz, ganz lieber Gast zu mir heute. Jemand, den du wirklich gerne hast. Und dann bereitest du dich vor, getrieben von einer Liebe zu diesem Menschen, weil du weißt, dass dieser Mensch dich liebt. Alles, was du tust, machst du deshalb schön, machst du deshalb gut, machst du deshalb vorsichtig, weil die Liebe zu diesem Menschen dich zu ihm bindet. Schon allein, was du wählst, was du heute kochen wirst, wie du das machst, wie du es zubereitest, was du aufdeckst.

    Und so ähnlich ist es auch zum Beispiel in dieser Kirche – in jeder Kirche. Wenn das Altartuch sauber ist, wenn die ganze Kirche sauber ist, wenn die Kerzen angezündet werden, wenn Blumen gebracht werden, wenn wir sagen, wir drehen auch noch die Lichter alle an und spielen auf der Orgel und singen.

    Und wenn du liest und wenn du singst – schade, wenn du sagst: „Ich mache heute das Beste, was ich kochen kann, weil ich das machen muss.“ Schön, wenn du sagst: „Ich koche heute das Beste, was ich kochen kann, weil ich den Menschen liebe, der da kommt.“

    Genauso ist es schade, wenn du sagst: „Ich zünde die Kerzen an, weil ich das machen muss.“ Oder womöglich: „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Passt schon, das haben wir immer schon so gemacht. Aber wir haben es immer schon so gemacht, weil wir von der Liebe Gottes dazu getrieben wurden.

    Wie macht es der, der vorsingt oder davor liest? Der übt sich auch ein. Wie übt man sich ein? Auch indem man zum Beispiel sagt: Wie klinge ich denn? Der nimmt sich auf – das geht heute mit den Handies ganz locker. Wie klinge ich zu Hause? Wie klinge ich beim Mikrofon? Wie klinge ich in einer Kirche? Und wenn es nötig ist, frage ich eben jemanden: Kannst du mir helfen? Kannst du mir sagen, ob ich deutlich genug bin?

    Dasselbe beim Singen. Beim Singen ist es noch mehr, dass man vielleicht eine Schulung, eine professionelle Schulung holt. Aber nicht, weil man muss. Nicht, weil es der Pfarrer sagt, sondern weil ich vom Herrn geliebt bin. Und ich spüre das – und das drängt mich dazu, die Sache ordentlich zu machen. Das heißt: die Worte Gottes zu feiern, durch das Vortragen zu feiern, durch das Vorsingen zu feiern.

    Lasst uns in diesem Sinn weiter feiern – mit all dem, was wir jetzt singen, was wir beten, was wir hören. Und das Wichtige, was wir hören, ist, dass der Auferstandene selbst sagt: „Nehmt es, ernährt euch von meiner Liebe.“

    Amen.


    Evangelium und Predigt im Originalton

    Texte der Messe vom 10. August 2025

    Hier findest Du die Texte zu den beiden Lesungen und zum Evangelium von heute.

  • Der wahre Schatz des Schreins

    Gedanken zu Fronleichnam

    „Nicht der Ort ist das, was letztlich zählt;
    was man spürt, ist das, was bleibt.“

    (Taoistische Meditation, Tag 170 – Schrein)

    Wenn wir an Fronleichnam das Allerheiligste in goldener Monstranz durch die Straßen tragen, dann ehren wir nicht einfach einen Schrein. Wir ehren eine Gegenwart, die uns innerlich berührt.

    Wie im Taoismus der Schrein nicht bloß ein exotischer Ort ist, sondern ein Spiegel des Herzens, so ist auch Fronleichnam kein Spektakel, sondern eine Einladung: 

    Gott wohnt unter uns. In uns.

    Wurzel Jesse Monstranz, Dom Museum Wien

    Ob du den Schrein im Tao oder das Allerheiligste in der katholischen Liturgie suchst – beide feiern das Heilige als Gegenwart. Was zählt, ist nicht, wohin du gehst, sondern wie du gehstMit offenem Herzen.

    Alltagssorgen fallen auf den kristallenen Boden.
    Buchstaben aus Feuer zeigen sich in der Luft.
    Und erscheinen wieder in deinem Herzen.

    Deng, Ming-Dao. 365 Tao: Meditationen für jeden Tag des Jahres

    Dann geschieht Wandlung.
    In der Trauer wie im Glauben gibt es heilige Orte.
    Nicht, weil sie geweiht sind –
    sondern weil sie uns verwandeln.

  • Gebt Ihr ihnen zu essen

    Gedanken zu Fronleichnam

    Dieses Bild begleitet mich an Fronleichnam – ebenso wie die Worte von Kardinal Christoph Schönborn:

    „Der ganze Aufwand, aller Schmuck an Blumen, alle die Festlichkeit haben nur diesen einen Sinn: Dass hier Jesus selber gegenwärtig ist.“

    Gezeigt ist die Speisung der Fünftausend: Ein Wunder, das in allen vier Evangelien überliefert ist. Aus nur fünf Broten und zwei Fischen werden Tausende satt – weil ein Kind teilt, weil Jesus segnet, weil die Jünger weitergeben. Das scheinbar Unmögliche wird möglich. Und: Es bleibt noch übrig.

    Ikonendarstellung der Speisung der Fünftausend. In der Mitte steht Christus, zweimal dargestellt – beim Entgegennehmen und Austeilen der Brote. Links kniet ein Junge mit fünf Broten und zwei Fischen. Rechts empfangen die Menschen das Wunder des Überflusses.

    Das Spruchband in rumänischer Sprache über der Szene lautet:

    „Hristos binecuvântând pâinile“ – „Christus segnet die Brote“.

    Fronleichnam ist das Hochfest des „Leibes und Blutes Christi“ – ein Fest der Gegenwart Jesu in der Eucharistie. Das alte Wort „Fronleichnam“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen: vron = „des Herrn“ und lichnam = „lebendiger Leib“. Was wir am Gründonnerstag im Gedenken an das Letzte Abendmahl feiern, wird an Fronleichnam öffentlich bezeugt: Jesus Christus ist mitten unter uns – lebendig und gegenwärtig im gewandelten Brot.

    So ist auch das Evangelium dieses Tages mehr als eine Erinnerung. Es ist ein Auftrag:

    „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Lk 9,13)

    Für mich bedeutet das: Ich teile, was ich habe. Worte, Zeit, Trost. In der Hoffnung, dass Christus selbst gegenwärtig ist, wenn wir in seinem Namen handeln.

  • Dach, Worte, Tisch

    Nur so ein Dach über den Köpfen,
    Tür, die zur Stille offen steht.
    Mauern aus Haut, Fenster wie Augen,
    spähend nach Hoffnung, Morgenrot.
    So voller Leben wird, wie ein Leib
    das Haus, in das wir gehn,
    um recht vor Gott zu stehn.


    Worte von fern, fallende Sterne,
    Funken, vor Zeiten ausgesät.
    Namen für ihn, Träume, Signale,
    tief aus der Welt zu uns geweht.
    Münder aus Erde hören und sehn,
    umfangen, sprechen fort
    das freie Gotteswort.


    Tisch, der uns eint, Brot um zu wissen:
    wir sind einander anvertraut.
    Wunder aus Gott, Menschen in Frieden,
    altes Geheimnis, neu geschaut.
    Brechen und teilen, sein, was nicht geht,
    tun, was undenkbar ist:
    vom Tode auferstehn.


    Huub Oosterhuis (Übersetzung: Peter Pawlowsky), aus: Huub Oosterhuis, Solang es Menschen gibt auf Erden, 84 f., © 2023 Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br.