Schlagwort: Edith Stein

  • Edith Steins stille Mystik

    Manchmal begegnet mir ein Text, der einfach bleibt.
    So ist es oft bei Edith Stein.
    Ihre Mystik spricht leise – und trifft trotzdem tief.
    Mehr kann ich gar nicht erklären.
    Ich staune einfach.


    Es bleibt das Band

    Du senkst voll Liebe deinen Blick in meinen
    und neigst dein Ohr zu meinen leisen Worten
    und füllst mit Frieden tief das Herz.
    Doch deine Liebe findet kein Genügen
    in diesem Austausch, der noch Trennung lässt:
    Das Herz verlangt nach mehr.

    Du kommst als Frühmahl zu mir jeden Morgen,
    dein Fleisch und Blut wird mir zu Trank und Speise
    und Wunderbares wird gewirkt.
    Dein Leib durchdringt geheimnisvoll den meinen,
    und deine Seele eint sich mit der meinen:
    Ich bin nicht mehr, was einst ich war.

    Du kommst und gehst, doch bleibt zurück die Saat,
    die du gesät zu künft’ger Herrlichkeit,
    verborgen in dem Leib von Staub.
    Es bleibt ein Glanz des Himmels in der Seele,
    es bleibt ein tiefes Leuchten in den Augen,
    ein Schweben in der Stimme Klang.

    Es bleibt das Band, das Herz mit Herz verbindet,
    der Lebensstrom, der aus dem deinen quillt
    und jedes Glied belebt.

    Edith Stein (1891–1942)


    Edith Stein war jüdische Philosophin, konvertierte Christin und Karmelitin. Sie gehört zu den bedeutenden geistlichen Stimmen des 20. Jahrhunderts.
    Dieser Hymnus stammt aus ihrer frühen Zeit im Karmel und wurde in das Gotteslob – GL 980 (Anhang Hamburg, Hildesheim, Osnabrück) aufgenommen.

  • DANKGESANG

    Dein Leib durchdringt geheimnisvoll
    den meinen,
    und deine Seele eint sich mit der meinen:
    Ich bin nicht mehr,
    was einst ich war.

    Du kommst und gehst,
    doch bleibt zurück die Saat,
    die du gesät zu künftiger Herrlichkeit,
    verborgen in dem Leib von Staub.

    Es bleibt ein Glanz des Himmels
    in der Seele,
    es bleibt ein tiefes Leuchten
    in den Augen,
    ein Schweben in der Stimme Klang.

    Edith Stein, 1938


    Wenn das Leben uns verwandelt – Gedanken zu Edith Stein

    Edith Stein wusste, was es bedeutet, Abschied zu nehmen.

    Abschied vom Elternhaus, vom geliebten Bruder, von der Wissenschaft, vom öffentlichen Leben – und schließlich vom sicheren Ort ihrer Kindheit.

    Als Jüdin geboren, als Philosophin promoviert, als Christin getauft, als Karmelitin eingetreten – ihr Leben war ein Weg der Hingabe.

    1938, im Schatten des aufziehenden Grauens der NS-Zeit, schrieb sie in den Mauern des Kölner Karmels den „Dankgesang“.

    Ihren Ordensnamen lautete: Sr. Teresia Benedicta a Cruce (Theresia vom Kreuz).

    Es sind Worte tiefster Verwandlung:

    Aus Angst wird Vertrauen.

    Aus Abschied wird Hingabe.

    Aus dem Wissen um den Tod wird der Glaube an das Licht dahinter.

    Sie wusste:

    „Es bleibt ein Glanz des Himmels in der Seele.“

    Das gilt nicht nur für sie, sondern für alle Menschen, die den Weg der Liebe gehen – über den Tod hinaus. Amor vincit.