Schlagwort: Adventkalender

  • Der heiligste Adventkalender

    Wie alles begann

    Mein Freund P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB, Priester-Mönch im Stift Göttweig, hat vor einigen Jahren eine kleine WhatsApp-Gruppe gegründet. Sie heißt Vox Populi.

    Dort können wir Laien Fragen zum Evangelium des kommenden Sonntags stellen.
    Johannes Paul antwortet entweder direkt in der Gruppe – oder greift unsere Fragen in seiner Predigt auf. Manchmal sind es auch einfach Fragen, die gar keine Antwort brauchen
    Am jeweiligen Sonntag schickt er dann seine Predigt als Audio-Datei in den Chat.

    Für mich ist das zu einem liebgewordenen Ritual geworden:
    Am Sonntagnachmittag höre ich diese Predigt, oft mehrmals.
    Manchmal schreibe ich sie ab und veröffentliche sie auf meiner Seite, um sie mit anderen zu teilen, die nach dem Evangelium des Lebens fragen.


    Der Gedanke des „heiligsten Adventkalenders“

    Am Allerheiligentag 2025 sprach Johannes Paul in seiner Predigt vom „heiligsten Adventkalender“.
    Dieser Ausdruck blieb in mir – einfach, leuchtend, klar.

    Ich schickte ihm den Link zur Transkription seiner Predigt.
    Er antwortete mit einer kurzen Nachricht, ohne Kommentar oder Zusatz – nur mit einem Text, der alles enthielt.
    So entstand der Adventkalender, den ich heuer leben möchte.


    Der Originaltext von Johannes Paul

    1. 4. / 7. / 10. / 13. / 16. / 19. / 22. Dezember

    Mt 5,5

    Μακάριοι οἱ πραεῖς.

    Makárioi hoi pra e is.

    Glückselig, die mild handeln.

    Falls du heute mild denkst, schaust, sprichst oder handelst,
    dann wird dich heute Jesus für diesen Augenblick heilig sprechen.

    2. 5. / 8. / 11. / 14. / 17. / 20. / 23. Dezember

    Mt 5,7

    Μακάριοι οἱ ἐλεήμονες.

    Makárioi hoi ele emones.

    Glückselig, die barmherzig handeln.

    Falls du heute mit jemandem im Herzen Erbarmen hast und ihm hilfst,
    jemandem ein Vergehen verzeihst,
    jemandem Barmherzigkeit erweist,
    dann wird dich heute Jesus für diesen Augenblick heilig sprechen.

    3. 6. / 9. / 12. / 15. / 18. / 21. / 24. Dezember

    Mt 5,9

    Μακάριοι οἱ εἰρηνοποιοί.

    Makárioi hoi eirenopoioi.

    Glückselig, die Frieden stiften.

    Falls du heute trotz einer brenzligen Situation Frieden im Herzen hast und bewahrst,
    friedlich reagierst, Frieden stiftest
    und dein Herzensfrieden durch Taten sichtbar wird,
    dann wird dich heute Jesus für diesen Augenblick heilig sprechen.


    Warum ich diese Form der Advent-Vorbereitung gewählt habe

    Ich wollte heuer keinen Advent voller Aufgaben, sondern einen, der mich stiller macht.
    Ich habe für mich beschlossen, diesen Text in den Rhythmus des Angelusläutens einzubetten.

    Die Kirche gegenüber – St. Benedikt am Leberberg – läutet um 6:00, 12:00 und 18:00 Uhr.
    Zu diesen Stunden will ich mich erinnern lassen:

    • Morgens – Milde:
      Heute darf ich sanft sein – mit mir selbst und mit anderen.
    • Mittags – Barmherzigkeit:
      Heute will ich verzeihen und helfen, wo mein Herz gerührt ist.
    • Abends – Frieden:
      Heute darf ich den Tag in Frieden loslassen.

    Dreimal am Tag ein kurzer Moment, eine bewusste Pause –
    und jedes Mal dieselbe Zusage:

    „Dann wird dich heute Jesus für diesen Augenblick heilig sprechen.“


    Wie man diesen Adventkalender leben kann

    Dieser Adventkalender will nicht geöffnet, sondern gelebt werden.
    Er besteht nicht aus Schokolade, sondern aus Erinnerung.

    Es gibt verschiedene Weisen, ihn zu gestalten. Hier sind nur drei davon.

    • Die JP-Variante:
      Folge den Tagen, wie Johannes Paul sie angelegt hat –
      die drei Seligpreisungen wechseln sich alle drei Tage ab.
      So entsteht ein stiller Dreiklang aus Milde, Barmherzigkeit und Frieden.
    • Die HRP-Variante:
      Verbinde die drei Haltungen mit dem Läuten des Angelus
      um sechs, um zwölf und um sechs.
      Wenn die Glocken erklingen, halte kurz inne, atme, erinnere dich.
    • Eine dritte Möglichkeit:
      Verbinde jedes Kreuzzeichen im Advent mit diesen drei Worten.
      Beim Segnen, beim Entzünden einer Kerze, beim Gebet,
      beim Abschiednehmen:
      „Milde.“ – „Barmherzigkeit.“ – „Frieden.“

    So wird selbst die kleinste Geste zum Adventfenster, das sich nach innen öffnet.


    Ein Advent der kleinen Heiligkeit

    Vielleicht ist das der Sinn dieses heiligsten Adventkalenders:
    nicht mehr zu tun, sondern anders zu sein.
    Nicht auf Weihnachten zuzulaufen, sondern es einzuatmen.

    Heiligkeit ist kein Zustand,
    sie geschieht für einen Augenblick –
    wenn wir mild, barmherzig oder friedlich sind.

    „Dann wird dich heute Jesus für diesen Augenblick heilig sprechen.“

  • Mein heiligster Adventkalender

    P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB lädt an Allerheiligen dazu ein, die eigene Heiligkeit im Alltag zu erkennen. Heiligsein bedeutet, in kleinen Taten sanftmütig, barmherzig und friedensstiftend zu handeln. Wer so lebt, ist schon jetzt Teil des Himmelreiches. Aus diesen Haltungen entsteht ein „heiligster Adventkalender“, ein Weg, Tag für Tag von der Liebe Gottes angesteckt zu leben.

    Transkription der Predigt – Allerheiligen 2025

    So viele sind heute zur Festmesse gekommen. Heute ist ein guter Anlass, auch wenn es jetzt gerade nicht Sonntag ist, darüber nachzudenken, warum wir eigentlich am Sonntag und eben auch an Festen in die Kirche gehen.
    Da gibt es einige, die werden sagen: Da muss man hingehen. Diese Leute sind arm, denn diese Menschen haken dann jeden Sonntag, wo sie da waren, ab: Heute war ich in der Kirche.

    Was geschieht dann? Dann hast du dir selber gesagt, dass du okay bist. Und hast dir nicht von Gott sagen lassen, dass du heilig bist. Heute ist der Tag, an dem wir hören, dass wir Heilige sind.

    Einige schauen ein bisschen so zweifelnd. Ich hätte gerne, dass Sie ein bisschen mehr lächeln. Stellen Sie sich vor, Sie machen gerade ein Selfie von sich. Ja, dann lächeln wir doch einmal alle. Oder wenn ich einen Spiegel vorhabe – da ist es schon viel besser.

    Und zwar ist es so: Die erste von den Seligpreisungen und die letzte – das ist interessant – da geht es um das Himmelreich, und da ist es in der Gegenwart.
    Also: Selig, die arm sind vor Gott, denn ihrer ist das Himmelreich.
    Und zum Schluss: Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich.
    Das ist in der Gegenwart.

    Alle anderen heißen: sie werden, sie werden, sie werden … – die Trauernden werden getröstet werden und so weiter. Aber auch diese dazwischen, in der Zukunft, haben eine eigene Einteilung. Und zwar ist jedes Zweite eine Tat:
    Selig, die mild oder sanftmütig sind, die sich also so benehmen.

    Und da bin ich ganz sicher, dass jeder von uns mindestens einmal in seinem Leben sanftmütig war, mild.
    In dem Augenblick sagt dir Jesus heute – und wenn du nicht da wärst, würdest du es nicht hören – das Evangelium sagt dir: In dem Augenblick warst du Heilige, Heiliger, heilig.

    Und wenn du ein bisschen nachdenkst, findest du mehrere Male in deinem Leben, wo du so tätig mild warst, in der Tat sanftmütig.
    Lassen wir die nächste aus, nehmen wir die andere wieder:
    Selig, die Barmherzigen.
    Das sind die, die Barmherzigkeit erweisen, die barmherzig tunhandeln, die aus dem Herzen heraus Erbarmen haben – und es auch zeigen.

    Ich bin sicher, dass jeder von uns mindestens einmal im Leben Erbarmen gehabt hat mit jemandem, die Schuld des anderen nachgesehen hat, barmherzig war. Jeder von uns.

    Drum habe ich gesagt am Anfang: Wir werden die anderen Heiligen alle beim Namen nachzählen. Du kannst dich jetzt beim Namen nennen und sagen:
    Jesus sagt mir heute: In diesem Augenblick, wo ich barmherzig war und gehandelt habe, da war ich heilig.

    Deswegen ist es so schön, in die Messe zu kommen.

    Lassen wir die nächste aus, nehmen wir wieder die übernächste – und dann sind wir auch schon fertig:
    Selig, die Frieden stiften.

    Wie oft haben wir Frieden gestiftet? Freilich, wir haben sicher auch oft Streit gestiftet. Aber es heißt in der Heiligen Schrift, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament:
    Die Liebe deckt viele Sünden zu.

    Selig, die Frieden stiften.
    Wann immer du Frieden gestiftet hast – das heißt nicht unbedingt, dass du Erfolg gehabt hast –, aber du hast Frieden gestiftet, da warst du heilig.

    Das sagt dir Jesus im heutigen Evangelium. Das hörst du. Das hören die anderen nicht, die heute nicht da sind. Das ist das Schöne am gemeinsamen Feiern.

    Selig bist du, in dem Augenblick, wo du Frieden gestiftet hast, da warst du heilig.

    Und was machen wir damit? Es motiviert uns.
    Und am meisten motiviert uns, dass wir das alles machen, weil wir angesteckt sind von der Liebe Gottes, die sich am Altar bei jeder Messe wiederholt:
    Mein Leib, mein Blut – hingegeben für euch.

    Und wenn wir jetzt nur diese drei nehmen –
    mild oder sanftmütig sein,
    barmherzig sein,
    Frieden stiften –
    stellen Sie sich vor, Sie nehmen sich für jeden Tag eines der drei vor, in den nächsten Tagen wieder eines der drei.

    Dann haben Sie vier Tage, viermal drei ist zwölf. Nach zwölf Tagen haben Sie den Turnus schon viermal gemacht. Nehmen Sie das Ganze noch einmal, dann haben Sie 24 – und dann haben Sie schon den heiligsten Adventkalender.

    Amen.