Diese Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz zum heutigen Christkönigssonntag hat mich tief berührt. Ich habe zusammengefasst, was ich verstanden habe.
Der letzte Satz ist eigentlich ein alter Gruß, den wir heute selten hören. In dieser Predigt ist er viel mehr. Und klingt mit tiefer Ehrfurcht nach.
Am Christkönigssonntag hören wir, warum Gott wirklich König ist: weil niemand so lieben kann wie er.
Jesus hängt am Kreuz – verspottet von religiösen Führern, Soldaten und einem der Verbrecher. Er antwortet nicht mit Macht, nicht mit Stärke, nicht mit Selbstrettung. Er antwortet mit Liebe, die schweigt.
Sein Schweigen ist keine Ohnmacht, sondern die größte Würde. Es ist das Schweigen eines Königs, der sich nicht beweisen muss, weil seine Liebe stärker ist als jede Gewalt.
Und zu dem Verbrecher, der seine eigene Schuld bereut, sagt er nur einen Satz: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Gott ist König, weil er liebt – und weil seine Liebe uns verwandelt, selbst im allerletzten Augenblick.
Impuls von P. Johannes Paul Abrahamowicz, OSB bei den 2. Wiener Ganserlessen-Dialoge am 6. November 2024.
Wir sind alle berufen – zur Liebe, zum Fest des Lebens
Das Thema vom letzten Mal war – und es ist gut angekommen – Himmel, Fegefeuer, Hölle. Fast hätten wir es heute wieder nehmen können, weil so viele andere da sind. Heute aber geht es um die Frage: Wie ist das überhaupt mit dem Schicksal, mit der Vorherbestimmung? Gibt es so etwas?
Damit ist nicht gemeint, dass eine schwarze Katze von rechts oder Scherben Glück bringen. Nein – gemeint ist der große Lebensweg. Und da taucht immer wieder die Frage auf: Gibt es eine Vorherbestimmung oder nicht? Ich möchte ganz klar sagen: Ja, es gibt sie. Und zwar eine sehr positive.
Jesus erzählt ein wunderbares Gleichnis – das Gleichnis vom Hochzeitsmahl. Ein Mann lädt zur Hochzeit ein, lässt alles vorbereiten und schickt dann seine Diener zu den Eingeladenen: „Kommt, es ist alles bereit!“ Aber sie kommen nicht. Manche behandeln die Boten sogar schlecht. Da lässt der Hausherr schließlich alle einladen, die er irgendwo findet – auf den Straßenecken, einfach alle. Und der Hochzeitssaal füllt sich – von Guten und Bösen, Reichen und Armen.
Dann kommt der Hausherr herein, schaut sich alle Gäste an – und plötzlich sieht er einen, der kein Hochzeitsgewand trägt. Er fragt ihn: „Freund, wie konntest du so erscheinen?“ Der Mann ist sprachlos – und wird hinausgeworfen in die äußerste Finsternis. Dann sagt Jesus den bekannten Satz:
„Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt.“
Ich habe diesen Satz lange nicht verstanden. Warum wird der arme Kerl hinausgeworfen? Vielleicht war er ja wirklich arm und hatte kein Gewand? Erst viel später habe ich die Erklärung gefunden – auch dank der Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturen. Denn in arabischen und orientalischen Ländern ist es bis heute üblich, dass man mit der Einladung zur Hochzeit auch das Hochzeitsgewand bekommt – entweder bezahlt oder symbolisch zur Verfügung gestellt.
Wenn also jemand ohne dieses Gewand erscheint, heißt das: Er hat die Einladung nicht wirklich angenommen. Er wollte das Fest – aber nicht die Beziehung.
Und das ist der Kern des Gleichnisses. Alle sind eingeladen. Alle sind vorherbestimmt – zu einem glücklichen, festlichen Mahl. Aber ob wir die Einladung annehmen, liegt an uns.
Unsere große Vorherbestimmung ist das ewige Glück, das Fest der Liebe, das Reich Gottes. Nicht das kleine Aberglauben-Schicksal – Spinnen, Scherben, Glücksbringer – sondern das große Ziel: die Liebe.
Das Hochzeitsgewand steht für die Bereitschaft, Liebe zu empfangen. Und wer glaubt denn nicht an die Liebe – als höchste Instanz im Leben? In dieser Liebe, die keine Bedingungen stellt, sind wir alle berufen. Das ist unsere Vorherbestimmung.
Ich bin fest davon überzeugt: Wir alle sind bestimmt zum Glück, zum Leben in der Liebe Gottes – und das dürfen wir schon jetzt, in jeder Eucharistiefeier, vorauskosten.
Und solange sich das Ganserl heute seinem Schicksal hingibt, dürfen wir dankbar sein, dass unser Schicksal ein anderes ist – ein gutes, liebevolles Schicksal.
Guten Appetit – und später bei der Nachspeise können wir gern noch Fragen stellen.
Kurz-Summary
P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB deutet das Gleichnis vom Hochzeitsmahl als Bild unserer positiven Vorherbestimmung: Jeder Mensch ist eingeladen zum Fest der Liebe Gottes. Das „Hochzeitsgewand“ steht für die innere Bereitschaft, diese Liebe anzunehmen. Nicht Zufall oder Aberglaube bestimmen unser Leben, sondern Gottes Einladung zum Glück – die wir nur annehmen müssen.
P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB lädt an Allerheiligen dazu ein, die eigene Heiligkeit im Alltag zu erkennen. Heiligsein bedeutet, in kleinen Taten sanftmütig, barmherzig und friedensstiftend zu handeln. Wer so lebt, ist schon jetzt Teil des Himmelreiches. Aus diesen Haltungen entsteht ein „heiligster Adventkalender“, ein Weg, Tag für Tag von der Liebe Gottes angesteckt zu leben.
Transkription der Predigt – Allerheiligen 2025
So viele sind heute zur Festmesse gekommen. Heute ist ein guter Anlass, auch wenn es jetzt gerade nicht Sonntag ist, darüber nachzudenken, warum wir eigentlich am Sonntag und eben auch an Festen in die Kirche gehen. Da gibt es einige, die werden sagen: Da muss man hingehen. Diese Leute sind arm, denn diese Menschen haken dann jeden Sonntag, wo sie da waren, ab: Heute war ich in der Kirche.
Was geschieht dann? Dann hast du dir selber gesagt, dass du okay bist. Und hast dir nicht von Gott sagen lassen, dass du heilig bist. Heute ist der Tag, an dem wir hören, dass wir Heilige sind.
Einige schauen ein bisschen so zweifelnd. Ich hätte gerne, dass Sie ein bisschen mehr lächeln. Stellen Sie sich vor, Sie machen gerade ein Selfie von sich. Ja, dann lächeln wir doch einmal alle. Oder wenn ich einen Spiegel vorhabe – da ist es schon viel besser.
Und zwar ist es so: Die erste von den Seligpreisungen und die letzte – das ist interessant – da geht es um das Himmelreich, und da ist es in der Gegenwart. Also: Selig, die arm sind vor Gott, denn ihrer ist das Himmelreich. Und zum Schluss: Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich. Das ist in der Gegenwart.
Alle anderen heißen: sie werden, sie werden, sie werden … – die Trauernden werden getröstet werden und so weiter. Aber auch diese dazwischen, in der Zukunft, haben eine eigene Einteilung. Und zwar ist jedes Zweite eine Tat: Selig, die mild oder sanftmütig sind, die sich also so benehmen.
Und da bin ich ganz sicher, dass jeder von uns mindestens einmal in seinem Leben sanftmütig war, mild. In dem Augenblick sagt dir Jesus heute – und wenn du nicht da wärst, würdest du es nicht hören – das Evangelium sagt dir: In dem Augenblick warst du Heilige, Heiliger, heilig.
Und wenn du ein bisschen nachdenkst, findest du mehrere Male in deinem Leben, wo du so tätig mild warst, in der Tat sanftmütig. Lassen wir die nächste aus, nehmen wir die andere wieder: Selig, die Barmherzigen. Das sind die, die Barmherzigkeit erweisen, die barmherzig tun, handeln, die aus dem Herzen heraus Erbarmen haben – und es auch zeigen.
Ich bin sicher, dass jeder von uns mindestens einmal im Leben Erbarmen gehabt hat mit jemandem, die Schuld des anderen nachgesehen hat, barmherzig war. Jeder von uns.
Drum habe ich gesagt am Anfang: Wir werden die anderen Heiligen alle beim Namen nachzählen. Du kannst dich jetzt beim Namen nennen und sagen: Jesus sagt mir heute: In diesem Augenblick, wo ich barmherzig war und gehandelt habe, da war ich heilig.
Deswegen ist es so schön, in die Messe zu kommen.
Lassen wir die nächste aus, nehmen wir wieder die übernächste – und dann sind wir auch schon fertig: Selig, die Frieden stiften.
Wie oft haben wir Frieden gestiftet? Freilich, wir haben sicher auch oft Streit gestiftet. Aber es heißt in der Heiligen Schrift, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament: Die Liebe deckt viele Sünden zu.
Selig, die Frieden stiften. Wann immer du Frieden gestiftet hast – das heißt nicht unbedingt, dass du Erfolg gehabt hast –, aber du hast Frieden gestiftet, da warst du heilig.
Das sagt dir Jesus im heutigen Evangelium. Das hörst du. Das hören die anderen nicht, die heute nicht da sind. Das ist das Schöne am gemeinsamen Feiern.
Selig bist du, in dem Augenblick, wo du Frieden gestiftet hast, da warst du heilig.
Und was machen wir damit? Es motiviert uns. Und am meisten motiviert uns, dass wir das alles machen, weil wir angesteckt sind von der Liebe Gottes, die sich am Altar bei jeder Messe wiederholt: Mein Leib, mein Blut – hingegeben für euch.
Und wenn wir jetzt nur diese drei nehmen – mild oder sanftmütig sein, barmherzig sein, Frieden stiften – stellen Sie sich vor, Sie nehmen sich für jeden Tag eines der drei vor, in den nächsten Tagen wieder eines der drei.
Dann haben Sie vier Tage, viermal drei ist zwölf. Nach zwölf Tagen haben Sie den Turnus schon viermal gemacht. Nehmen Sie das Ganze noch einmal, dann haben Sie 24 – und dann haben Sie schon den heiligsten Adventkalender.
Predigt von Univ.-Prof. Dr. Thomas Möllenbeck, im Wiener Stephansdom am Sonntag, 28. September 2025, 26. Sonntag im Jahreskreis (C), Orgelmesse um 12:00 Uhr sinngemäß zusammengefasst von Harald R. Preyer
Ein Freund erhielt zum Priesterjubiläum eine kleine Sonnenuhr mit der Inschrift „Carpe diem“ – Nutze den Tag als Geschenk. Was bedeutet das eigentlich – aus christlicher Sicht?
In der Antike hieß es: Genieße den Tag, solange du lebst. Denn mit dem Tod, so dachte man, sei alles vorbei. Ein solches Denken kann leicht in Egoismus führen. Aber: Wer erkennt, dass das eigene Wohl am Wohl der anderen hängt, lebt gerecht. So wird Carpe diem zur Einladung, bewusst, dankbar und solidarisch zu leben.
Der Prophet Amos mahnt die Selbstzufriedenen: Wer nur an sich denkt, verliert den Sinn des Lebens. Paulus ruft Timotheus zu: Strecke dich aus nach dem Himmel! Und im Evangelium vom reichen Mann und Lazarus macht Jesus klar:
„Sie haben Mose und die Propheten – wenn sie auf die nicht hören, werden sie sich auch nicht bekehren, wenn einer von den Toten aufersteht.“
Christus ist auferstanden – und lädt uns ein, den Himmel schon hier beginnen zu lassen.
Christlich verstanden heißt Carpe diem:
Nutze den Tag, nicht um zu nehmen, sondern um zu geben.
Nicht um zu genießen, sondern um zu lieben.
Nicht um die Zeit zu füllen, sondern um sie zu heiligen.
Denn Jesus sagt:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ (Joh 14,6)
In jeder Eucharistie empfangen wir ihn – und werden verwandelt, damit wir Christus ähnlich werden. So wächst unser Leben hinein in das, was keine Grenze kennt: Wo Christus ist, da ist der Himmel.
Der Himmel fängt hier an.
Prof. Dr. Thomas Möllenbeck, geb. 1966, ist Domkurat am Stephansdom Wien, Professor für Dogmatik in Münster und Lehrender in Heiligenkreuz und Trumau.
Der ungerechte Verwalter – ein Mann, der das Vermögen seines Herrn verschleudert, Schuldscheine manipuliert und am Ende von Jesus gelobt wird. (Lk 16,1–13). Kaum ein Evangelium irritiert so sehr wie dieses. Ist Betrug plötzlich vorbildlich? Jahrelang habe ich das nicht verstanden. Heute ahne ich die Botschaft: Es geht nicht um Betrug, sondern um das Loslassen – und um die Freiheit, die daraus entsteht.
Beziehungen statt Besitz
Papst Franziskus hat dieses Evangelium als Einladung zur Klugheit gedeutet. Nicht die Unehrlichkeit sei das Vorbild, sondern der Mut, das Leben nüchtern zu sehen und entschlossen zu handeln. Geld, so Franziskus, ist „Mist des Teufels“. Doch es kann Werkzeug sein: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“. Besitz hat nur dann Sinn, wenn er verwandelt wird – in Beziehungen.
Gabe statt Sicherheit
Papst Leo XIV griff das Thema heute in Rom auf. Er erinnerte daran, dass wir Rechenschaft ablegen müssen: wie wir mit uns selbst, mit unseren Gütern und den Ressourcen der Erde umgehen. Besitz sei kein Garant für Sicherheit, sondern Geschenk – anvertraut, um Netzwerke von Solidarität zu schaffen. Das Evangelium zwingt zur Entscheidung: Gott oder Mammon, Hingabe oder Egoismus.
Gott und das liebe Geld
Kardinal Schönborn schreibt in seinen Gedanken zum Evangelium: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Geld sei nicht neutral. Es verspreche Sicherheit, aber es schenke keine Freundschaft. „Zum Geld können wir keine Beziehung haben, zu Gott schon.“ Loslassen bedeutet: das Geld nicht zum Herrn werden zu lassen, sondern es als Mittel einzusetzen – zuverlässig, ehrlich, auch in den kleinen Dingen.
Verantwortung statt Fixierung
Markus Beranek, Pastoralamtsleiter der Erzdiözese Wien, hob heute hervor: Besitz und Fähigkeiten sind Mittel, um Gemeinschaft zu gestalten. Entscheidend sei eine Kultur des Miteinanders, nicht das ängstliche Klammern an Status und Ansehen. Loslassen heißt: Verantwortung übernehmen, Fähigkeiten teilen, das Reich Gottes wachsen lassen – mitten in dieser Welt.
Ars moriendi
Domkurat Johannes J. Kreier schließlich sprach im Stephansdom von der ars moriendi, der Kunst zu sterben. Das Leben nicht bis zum Letzten auspressen, sondern rechtzeitig gute Investitionen tun: in Freundschaft, in Liebe, in Hingabe. Die Frage lautet: Will ich Kind der Welt sein, das festhält – oder Kind des Lichts, das loslässt?
Mein Gedanke
Loslassen scheint mir umso leichter, je mehr ich spüre, dass die Liebe Gottes mich trägt. Wer dankbar auf sein Leben zurückblickt, erkennt: Ich musste nicht alles festhalten. Vieles wurde mir geschenkt. Und was bleibt, ist nicht das, was ich angehäuft habe, sondern das, was ich weitergegeben habe – die Liebe, die Freundschaften, die Spuren, die in Ewigkeit tragen.
Quellen
Papst Franziskus: Angelus, 22. September 2019, Vatikan. Link
Papst Leo XIV: Predigt, Sant’Anna, 21. September 2025. Link
Kardinal Christoph Schönborn: Gott und das liebe Geld, Gedanken zum Evangelium, 21. September 2025. Link
Markus Beranek: Predigtgedanken (Facebook-Posting), 21. September 2025.
Johannes J. Kreier: Predigt im Stephansdom, 21. September 2025, 12:00 Uhr (mündliche Quelle, Text liegt bei Harald Preyer vor).
Gestern habe ich als Vorbereitung für das heutige Fest der Kreuzerhöhung die beiden Lesungen und den Text des Evangeliums auf der Seite von Radio Vatikan studiert. Dort finden sich auch zu jedem Tag Aussagen der Päpste zu Bibelstellen des Tages.
„Brüder und Schwestern, das ist der Weg, der einzige Weg unserer Erlösung, unserer Wiedergeburt und Auferstehung: auf den gekreuzigten Jesus zu schauen. Von jener Höhe aus können wir unser Leben und die Geschichte unserer Völker auf eine neue Weise sehen. Denn vom Kreuz Christi lernen wir Liebe, nicht Hass; lernen wir Mitgefühl, nicht Gleichgültigkeit; lernen wir Vergebung, nicht Rache. Die ausgebreiteten Arme Jesu sind die zärtliche Umarmung, mit der Gott unser Leben annehmen will.“ (Papst Franziskus, Predigt in Nur-Sultan, 14. September 2022)
Heute habe ich am frühen Morgen die Predigt von Pastoralamtsleiter Markus Beranek nachgelesen. Er hat dann im Hochamt im Stephansdom unseren Blick auf das Lettnerkreuz im Mittelgang gerichtet und meinte: „Das Lettnerkreuz hier in der Mitte des Domes aktualisiert diesen Weg Jesu: aus den Trümmern des Dombrandes wurde das Haupt Christi geborgen, der Körper wurde nachgeschnitzt und das Kreuz hat wieder seinen erhöhten Platz an seiner ursprünglichen Stelle gefunden. Für mich ist das ein Ausdruck der Hoffnung, dass auch in unseren unruhigen Zeiten, wo wir jeden Tag von Krieg und Gewalt hören, menschliches Leid, Gewalt und Tod nicht das letzte Wort haben. Die weit ausgebreiteten Arme Jesu sind Ausdruck dafür, dass Jesus die Dynamik der Gewalt durchbrochen hat. Statt neuer Anfeindung und weiterer Kriegserklärungen zieht er alle an sich.“
Nach der Orgelmesse um 12:00 bin ich dann noch einmal in den Altarraum gegangen und habe das Kreuz neben dem Altar von hinten fotografiert. Es war heute besonders schön mit Rosen geschmückt. Und würden wir durch die Rosette dieses Kreuz hindurchsehen, dann würde unser Blick genau auf das Lettnerkreuz fallen.
Am Abend habe ich dann die Predigt von P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB nachgehört und transkribiert.
Er meinte sinngemäß: „Vor genau 1700 Jahren, im Jahr 325, ließ Kaiserin Helena der Tradition gemäß in Jerusalem den Ort der Kreuzigung Jesu auffinden. Ihr Sohn Konstantin baute darüber die Grabeskirche, deren Kirchweih am 13. September gefeiert wird. Am Tag darauf, dem 14. September, wurde das Kreuz erhoben – daher das Fest der Kreuzerhöhung.
Das Kreuz ist ein Zeichen des Heils. Schon in der Wüste heilte Gott die Israeliten durch den Blick auf die erhöhte Giftschlange. Heilung geschieht, wenn man demütig Hilfe und Erbarmen annimmt.
Wie Mose die Schlange erhöhte, so wird der Menschensohn erhöht: Das Kreuz, eigentlich ein Zeichen des Zornes, wird zum Zeichen des Heils.
So zeigt sich Gottes Bundestreue:
Liebe, wenn der Mensch treu bleibt.
Erbarmen/Gnade, wenn der Mensch gesündigt hat.
Das Kreuz ist für uns das sichtbare Zeichen dieser Liebe und dieses Erbarmens.“
Evangelium und Predigt von P. Johannes Paul im Originalton:
Bei dieser Predigt kam mir die Idee zum Titel „Heute schon auf die Giftschlange geschaut.“ Klar oder?
In seiner Predigt am 23. Sonntag im Jahreskreis C betont P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB , dass das heutige Evangelium (Lk 14,25–33) nicht wörtlich verstanden werden darf. Jesus fordert nicht, Eltern, Kinder oder Ehepartner „gering zu achten“. Vielmehr spricht Lukas von der Situation, dass Jesus nach Jerusalem geht, um verurteilt und getötet zu werden.
„Nachfolge“ in diesem Sinn heißt: Wer ihm bis dorthin folgen will, muss bereit sein, das Vergängliche loszulassen und sogar den Tod anzunehmen.
Die allgemeine christliche Berufung bleibt die Liebe – zum Vater, zur Schöpfung und zu den Mitmenschen. Nur im besonderen Fall von Verfolgung und Martyrium geht es um diese radikale Nachfolge. Die Botschaft: Alles Vergängliche ist dem Unvergänglichen nachgeordnet. Aber unsere erste Aufgabe bleibt die Liebe.
Evangelium und Predigt im Originalton
07.09.2025 · Kardinal Christoph Schönborn · Gedanken zum Evangelium
„ERFOLGSREZEPT“ CHRISTENTUM
Jesus verlangt nicht, dass wir unsere Familie verachten. Er fordert uns heraus, alles Vergängliche dem Unvergänglichen unterzuordnen. Nachfolge heißt: bereit sein, Besitz, Sicherheit und sogar das eigene Leben hintanzustellen, wenn es um Christus geht.
Schon damals war das kein „Werbeprogramm“, sondern radikal. Und doch zog es Menschen an – weil es Befreiung von Zwängen bedeutete und Orientierung gab. Christenverfolgungen machten deutlich: Nachfolge kostet etwas, aber sie schenkt inneren Frieden und Hoffnung.
Christsein bleibt anspruchsvoll – aber gerade darin liegt seine Kraft.
Als ich die Matura in der Tasche hatte, sagte mein Vater zu mir: „Du bist jetzt reif. Nun lerne Demut.“ Damals verstand ich ihn nicht. Ich war stolz, das Reifezeugnis zu haben. Was sollte Demut schon heißen? Sich kleinmachen? Sich nicht freuen dürfen? Erst heute beginne ich zu ahnen, was er gemeint hat: Demut ist der Mut zum Dienen.
Dieser Satz ist schlicht, aber er trägt. Grammatikalisch ist er sauber, theologisch ist er fest im Evangelium verankert – und etymologisch geht er bis zum Ursprung zurück. Denn das deutsche Wort Demut stammt aus dem Althochdeutschen diomuoti: die Haltung des Dienens. Demut war ursprünglich nicht Unterwürfigkeit, sondern die Kraft, sich für andere einzusetzen.
Jesus selbst hat das vorgelebt. Im Evangelium dieses Sonntags (Lk 14,1.7–14) beobachtet er, wie sich die Gäste die Ehrenplätze sichern. Er sagt: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt; wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Militärerzdekan Dr. Harald Tripp hat dazu das Bild von Leonard Bernstein aufgenommen: „Die besten Orchester der Welt erkennt man daran, dass sie die besten zweiten Geiger haben.“Nicht die, die glänzen, machen das Ganze stark, sondern jene, die bereit sind, den Dienstplatz einzunehmen.
P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB erklärt: In der Bibel meint „Demut“ oft „erniedrigt sein“. Menschen erniedrigen einander – Gott aber erhebt. Demut ist nicht Taktik, sondern Offenheit. Wie eine leere Schale, die fähig ist, Gutes zu empfangen und weiterzugeben.
Kardinal Christoph Schönborn betont: Rangordnungen sind an sich nichts Schlechtes. Doch sobald Eitelkeit regiert, wird es lächerlich. Echte Freundschaft entsteht, wenn wir einander als Menschen begegnen, nicht als Nutznießer.
Und Papst Johannes Paul II. hat es vor fast vierzig Jahren in Anagni gesagt: Wer groß werden will, soll bei den kleinsten Dingen beginnen. Das Fundament unseres Lebensbaus ist die Demut.
So spannt sich ein weiter Bogen: Mein Vater, der mich nach der Matura ermahnt hat. Bernstein, der die zweite Geige würdigt. Der Kardinal, der die Eitelkeit entlarvt. Der Benediktiner, der Demut als offene Schale deutet. Und der Papst, der sie zum Fundament erklärt.
Demut ist kein Kleinmachen, sondern ein Freiwerden – für Gott, für den anderen, für das Ganze. Sie ist kein Verlust an Würde, sondern ein Gewinn an Menschlichkeit. Und vielleicht wirklich: der Mut zum Dienen.
Quellen
Evangelium Lk 14,1.7–14
Predigtgedanken P. Johannes Paul Abrahamowicz OSB
Gedanken Kardinal Christoph Schönborn
Papst Johannes Paul II., Predigt in Anagni, 31. August 1986
Predigt am 22. SONNTAG IM JAHRESKREIS von Militärerzdekan Dr. Harald Tripp im Wiener Stephansdom
Sir 3,17-18.20.28; Hebr 12,18-19.22-24a; Lk 14,1.7-14
Von dem berühmten Komponisten und Orchesterdirigenten Leonardo Bernstein gibt es eine Interessante Aussage. Die Letzte Frage in einem Interview schien sehr naiv zu sein: „Welches Instrument wird im Symphonieorchester am wenigsten gerne gespielt?“ Verschwitzt lächelnd antwortet der Meister, ohne zu zögern: „Die zweite Geige. Jeder möchte furchtbar gerne die erste Geige spielen, und es gibt nur wenige, welche die gleiche Begeisterung und das gleiche Interesse für die zweite Geige aufbringen. Alle sterben nur nach der Stellung des ersten Geigers, und nur wenige verstehen, wie wichtig der zweite Geiger ist. Die berühmtesten Orchester der Welt sind die, welche die besten zweiten Geiger haben – denn alle Orchester haben ausgezeichnete erste Geiger. Ohne die zweite Geige aber gibt es keine Harmonie!“
Die Herausforderung von erster zur zweiten Geige
„Die zweite Geige zu spielen“ – das ist etwas, was eigentlich nicht „in“ ist. Es bedeutet, dass jemand anderes den Ton vorgibt; dass man sich nach einem anderen zu richten hat. In den Medien wird nur von den Stars und selten von den Zweiten oder Dritten berichtet. Es wird berichtet von Reichen und Schönen – aber auch davon, dass das Stehen im Rampenlicht nicht zugleich bedeutet, dass diese Menschen glücklicher sind. Auch das Spielen der ersten Geige hat so seine ganz eigene Herausforderung, der auch nicht jeder gleich gewachsen ist.
Die Bedeutung der Bescheidenheit
Von solchen Erfahrungen weiß auch das Buch Jesus Sirach zu berichten: Es ist ein Erziehungsbuch; eine Sammlung von Weisheiten für Lehrer und für Eltern. Der Rat, den wir in der heutigen Lesung gehört haben, lautet: „Bei all deinem Tun bleibe bescheiden, und du wirst geliebt werden. Je größer du bist, um so mehr bescheide dich, dann wirst du Gnade bei Gott.“ (Sir 3,17f) Und genau das hat auch Jesus verkündet und vorgelebt: Das Vermächtnis an seine Jünger war (nach dem Johannesevangelium) die Fußwaschung (Joh 13,1-20), der Dienst der Nächte. Jesus sagt: Den Kleinen gehört das Himmelreich; er spricht jene selig, die leiden, unterdrückt werden, trauern… Und er warnt alle, die Macht haben, dass diese Macht, dass ihr Reichtum sie hindern kann, ins Himmelreich zu kommen. Für bescheidene, einfache Menschen ist der Weg ins Himmelreich zu kommen. Für bescheidene, einfache Menschen ist der Weg ins Himmelreich anscheinend viel leichter als für Reiche und Mächtige.
Die Tugend der Demut
Die Tugend der Demut wird sehr leicht gering geschätzt – weil sie nicht laut ist; weil man ihr vorwerfen kann, dass sie sich nur anpasst; weil sie die Gefahr mit sich bringt, Unterdrückung zu fördern. Demut meint aber nicht Unterwürfigkeit – es geht vielmehr eine Gesinnung des Dienens, die sich ableitet vom Wissen, dass letztlich alles von Gott abhängt, dem Schöpfer und Erlöser. Im Lateinischen sieht man diesen Zusammenhang sehr schön: Demut heißt da „humilitas“ – und das hat dieselbe Wurzel wie „Humus“, Erde. Demut meint also eine Erdverbundenheit und wehrt jeglichem Abgehobensein.
Demut als Weg zur Harmonie
Und diese Demut ist es, die Zusammenleben erst möglich macht. Wenn im Zusammenleben alle die erste Geige spielen wollten, dann gäbe es keine Familien und keine Gesellschaft – denn auch hier bedarf es der vielen, die zum Konzert beitragen, damit Harmonie im Zusammenleben entsteht. Und von dieser Demut sagt schon das Alte Testament im Buch der Sprüche: „Wo aber Demut ist, da ist auch Weisheit“ (Spr 11,2). Noch einmal: Es geht nicht darum, nur still zu sein und nicht aufzumucken – das wäre falsch verstanden Demut. Nicht Kadavergehorsam ist von uns Christen gefordert, sondern das Einstehen für unsere Überzeugungen – aber eben im Wissen, dass es nicht um die eigene Größe geht, sondern um die Größe Gottes. Und es braucht die Haltung, alle gleich zu achten, die ihren Beitrag zu diesem Orchester leisten – ob in erster, zweiter oder in letzter Reihe.
„Ich muss mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.“
eine Auslegung zum Evangelium Lk 12,50 von Ambrosius von Mailand
So weit beugt sich der Herr herab, dass er sagt, es verlangt ihn danach, uns mit Hingabe zu erfüllen, uns zur Vollkommenheit zu bringen und für uns zu leiden; darum heißt es [auch]: „Und wie bedrückt bin ich, bis sie vollzogen ist.“ Manche Handschriften haben [an dieser Stelle] auch „wie unruhig“, das heißt „wie betrübt bin ich“, denn in sich selbst hatte er nichts, was ihn hätte schmerzen können – unsere Not war es, die ihn bedrückte. Auch die Traurigkeit, die ihn bei seinem Tode befiel, kam nicht daher, dass er Todesangst hatte, sondern weil unsere Erlösung noch auf sich warten ließ.